Filmtipp #597: Wie klaut man eine Million?

Wie klaut man eine Million?

Originaltitel: How to Steal a Million; Regie: William Wyler; Drehbuch: Harry Kurnitz; Kamera: Charles Lang; Musik: John Williams [Johnny Williams]; Darsteller: Audrey Hepburn, Peter O’Toole, Eli Wallach, Hugh Griffith, Charles Boyer. USA 1966.

Audrey Hepburn liebte es, in Paris zu drehen — wer will ihr das verdenken? —, und gerade in den 1960ern boten ihr die Produzenten massenhaft Stoffe an, die in der Stadt der Liebe spielten. Nach »Charade« (Regie: Stanley Donen) und dem etwas verunglückten »Paris When It Sizzles« (Regie: Richard Quine) holte sie William Wyler im Juli 1965 an die Seine, wo sie an der Seite von Peter O’Toole in einer flott geschriebenen Krimikomödie brillieren sollte. Nach »Roman Holiday« (1953, mit Gregory Peck) und »The Children’s Hour« (1961, mit Shirley MacLaine) sollte dies ihre dritte und letzte Zusammenarbeit mit Wyler werden, der seiner Arbeit inzwischen überdrüssig geworden war und sich nach zwei weiteren Filmen 1970 zur Ruhe setzte. Hubert de Givenchy schneiderte Miss Hepburn einige seiner apartesten Kreationen auf den Leib, der damals noch junge Komponist John Williams war für die Musik engagiert worden und der Komödien-Veteran Harry Kurnitz hatte das Skript verfasst. Die Stimmung während der Dreharbeiten war entspannt und ausgelassen. Der als autoritär und humorlos bekannte Wyler war nicht erfreut: Hepburn und O’Toole alberten vor und hinter der Kamera so rücksichtslos herum, dass einige Szenen wegen Hepburns unkontrollierbaren Lachanfällen bis zu 20 Mal wiederholt werden mussten.

Der in meinen Augen furchtbare und hier vollkommen fehlbesetzte Hugh Griffith spielt Hepburns Vater, einen Pariser Kunstsammler namens Bonnet, der Gefahr läuft, dass seine kriminellen Machenschaften auffliegen. Denn keines seiner ausgestellten Kunstwerke, die er auf Auktionen teuer an den Sammler bringt, ist echt, sondern wurde von ihm persönlich gefälscht. Ein Experte kündigt sich an, Bonnets Ausstellungsstücke auf ihre Echtheit zu prüfen. Besonderes Augenmerk soll der Venus-Statuette von Cellini gelten, die Bonnet für einen Wucherpreis einem ausländisches Museum leihen will. Um ihrem Vater den Arsch zu retten, bedient sich Töchterchen Nicole eines Tricks: Sie will gemeinsam mit dem attraktiven Kunstdieb Simon Demott (O’Toole) die Statuette rechtzeitig vor dem Eintreffen des Prüfers aus der eigenen Galerie stehlen. Dass Nicole und Simon sich dabei verlieben, versteht sich natürlich von selbst.

Dank der einfallsreichen Regie, den amüsanten Ideen und seiner Eleganz ist »How to Steal a Million« auch 52 Jahre nach seiner Premiere im Sommer 1966 ein gelungener Film, dessen Tempo vielleicht hier und da etwas ins Stocken kommt. Als der Film seinerzeit startete, hatte er eine Lauflänge von über zwei Stunden; das DVD-Release von 2004 ist um etwa sechs Minuten gekürzt, was dem Streifen überraschenderweise ganz gut tut. Eli Wallach ersetzte übrigens George C. Scott, der von Wyler wegen Alkoholgenusses vor der Arbeit und notorischer Unpünktlichkeit gefeuert worden war. Wyler dachte, er hätte mit zwei starken Trinkern am Set — Griffith und O’Toole — bereits genug Ärger am Hals. Hepburn drehte im Anschluss an »How to Steal a Million« in rascher Folge zwei weitere Filme — Two for the Road und Wait Until Dark —, bevor sie sich für einige Jahre nach Rom ins Privatleben zurückzog.

André Schneider