Filmtipp #274: Arsen und Spitzenhäubchen (Screwball-Frühling VI)

Arsen und Spitzenhäubchen

Originaltitel: Arsenic and Old Lace; Regie: Frank Capra; Drehbuch: Julius J. Epstein, Philip G. Epstein; Kamera: Sol Polito; Musik: Max Steiner; Darsteller: Cary Grant, Priscilla Lane, Raymond Massey, Peter Lorre, Jack Carson. USA 1944.

arsenic and old lace

Frank Capras zeitloser Klassiker gehört zu den berühmtesten Werken der Filmgeschichte und ist ein absolutes Muss!
Eine skurril-makabere Geschichte wird hier erzählt, geht es doch im Kern um eine Familie von Geisteskranken und Mördern. Zwei ältere Damen, die so routiniert und selbstverständlich Leute vergiften, als würden sie Kuchen backen, und ihre drei Neffen — der hysterische Theaterkritiker Mortimer (Grant), dessen frankensteinähnlicher und als kaltblütiger Killer polizeilich gesuchter Bruder (Massey) sowie ein netter Irrer, der sich einbildet, Terry Roosevelt zu sein (John Alexander) — tragen wesentlich zur Absurdität der Handlung bei. Angesiedelt in einer Ecke Manhattans, in der die Zeit stehen geblieben zu sein scheint, schildert das schwarzhumorige Bühnenstück von Joseph Kesselring die haarsträubenden Verwicklungen um die liebenswürdigen Tanten, die aus purer Barmherzigkeit einsame ältere Herren von ihrem Dasein erlösen und die Leichen von »Teddy Roosevelt« im Keller verscharren lassen. (Der ahnungslose Neffe glaubt, er würde den Panamakanal graben.)

Die Theaterinszenierung von »Arsenic and Old Lace« hatte am Broadway neue Maßstäbe gesetzt, die vor allem dem exzellenten Schauspieler-Ensemble zu verdanken waren. Also engagierte Frank Capra für seine Leinwand-Adaption die beiden alten Damen Josephine Hull und Jean Adair, die während der Theaterpause im Sommer 1941 nach Hollywood reisten, um innerhalb von vier Wochen die Dreharbeiten hinter sich zu bringen, bevor sie wieder zurück nach New York mussten. Aus vertragsrechtlichen Gründen durfte der Film, der bereits Ende 1941 fertig gestellt worden war, erst in die Kinos kommen, als das Stück am Broadway abgesetzt wurde — und das war erst 1944 nach weit über 1.500 ausverkauften Vorstellungen der Fall. In der Zwischenzeit hatte sich die Hauptdarstellerin der Filmversion, eine kleine Vertragsschauspielerin namens Priscilla Lane, bereits zur Ruhe gesetzt; ihr Vertrag mit Warner Brothers war bereits 1943 ausgelaufen und nicht erneuert worden. Ihre interessanteste Rolle hatte sie unter der Regie von  Alfred Hitchcock in »Saboteur« (1942) gespielt. In »Arsenic and Old Lace« war sie kaum mehr als schmückendes Beiwerk. Cary Grant hielt seine Darstellung in diesem Film für die schlechteste seiner Karriere.
Die seit 2004 vertriebene DVD enthält neben der 113minütigen Kinofassung auch die fürs deutsche Fernsehen um drei Minuten gekürzte und neu synchronisierte Fassung.

André Schneider