»Liebesfilme sind immer auch Fantasyfilme«
Interview von Tobias Rademacher, 14. September 2009.
André Schneider, einigen Lesern durchaus kein Unbekannter, hat den Sommer über mit an der Umsetzung seines Drehbuchs für den Film Alex und der Löwe gearbeitet.
In dieser turbulenten Zeit wurde eine romantische Liebeskomödie in bewegte Bilder gegossen.
Die Handlung, so viel verrät das Blog zu dem Film, konzentriert sich auf die Liebe auf den ersten Blick zwischen Alex (André Schneider, Deed Poll, Der Mann im Keller) und Leo (Marcel Schlutt, »Otto; Or, Up With Dead People«) und sorgt offenbar für heitere Verwicklungen.
Mittlerweile gibt es einen sympathischen Appetizer bei YouTube, welcher den Zuschauer einen kleinen Eindruck über Alex und der Löwe gewinnen lässt.
Freundlicherweise hat mir André einige meiner Fragen seinen neuen Film betreffend beantwortet: Wie der Blick durch ein Schlüsselloch, hinter die Kulissen.
André, du hast das Drehbuch zu der Liebeskomödie Alex und der Löwe geschrieben, in dem du selbst die Rolle des Alex Vennemann übernimmst. Das Blog zu diesem Filmprojekt verrät, dass sich die Geschichte um die Liebe auf den ersten Blick dreht. Liebe auf den ersten Blick Realität oder Illusion, was denkst du?
»Ich denke, Liebesfilme sind immer auch Fantasyfilme. Es geht natürlich um Illusionen. Eine echte Liebe, die über Jahre wächst und gedeiht, ist filmisch meist nicht wirklich spektakulär.«
Was ist, in wenigen Worten, das Besondere an Alex’ Clique?
»Die bedingungslose Loyalität untereinander. Die Gewissheit, auch mal gemein sein zu können, ohne dass die Freundschaft in Frage gestellt wird. Die gemeinsamen Aktivitäten. Alex sagt irgendwann im Film: ›Seit wir uns kennen gelernt haben, sehen wir uns eigentlich jeden Tag.‹ Das ist schon etwas Besonderes.«
Was hat dich zu dem Drehbuch inspiriert? Bist du selbst Bestandteil einer chaotischen Clique?
»Eine Clique, so wie wir sie im Film erzählen, habe ich nicht, aber während des Drehs ist die Film-Clique auch privat ein wenig zusammen gewachsen. Tobi und Steffi habe ich speziell für Udo Lutz und Sascia Haj geschrieben, die ich beide schon seit einiger Zeit kenne. Die Inspiration für die Liebesgeschichte holte ich mir vor allem aus alten screwball comedies von Howard Hawks und Ernst Lubitsch.«
Als Autor lagen dir die Charaktere sicher sehr am Herzen. Wie hat sich das für dich angefühlt, als ihr begannt, sie zusammen mit eurem Team und dem Regisseur zum Leben zu erwecken?
»Es ist immer wieder ein überwältigendes Gefühl, wenn die Sätze, die man zu Papier gebracht hat, lebendig werden. Da sitzt man da und schaut zu, wie sich ein Eigenleben entwickelt. Oft passiert es auch, dass Dinge, die geschrieben gut aussehen, im Spiel einfach nicht passen, manchmal muss man auch etwas hinzufügen. Bei Alex und der Löwe haben wir wirklich ausgiebig geprobt, das tat dem Ganzen sehr gut. Ich hatte ja auch noch nie eine wirkliche Komödie geschrieben, mit Leuten wie Udo Lutz, Beate Kurecki und Hans Hendrik Trost zu arbeiten, ist da ein wirklich großer Gewinn.«
Es scheint, als gäbe es selten einen Dreh ohne Hindernisse. Was bereitete euch Kopfzerbrechen und worüber konntest ihr im Nachhinein lachen?
»Oh, bei diesem Dreh hab ich wirklich viel gelernt und auch viele Federn gelassen. Vier Monate lang hatte ich Siebentagewochen, an manchen Tagen arbeitete ich 19 Stunden. Im Nachhinein sehe ich, dass das Ganze Unternehmen mehr Zeit, mehr Personal und vor allem mehr Geld gebraucht hätte. Sechs Wochen mehr Vorbereitungszeit wären wichtig gewesen, aber ich wollte ja unbedingt im Sommer drehen, weil es ein heller, leichter Sommerfilm werden sollte. Auf so manche Hinterhältigkeit von gewissen Menschen hätte ich gut verzichten können, ich war oft demotiviert und schlecht gelaunt, weil ich nicht wusste, wie ich den kommenden Drehtag finanzieren sollte. Aber letzten Endes hat ja alles geklappt.«
Marcel Schlutt spielt den Mann an deiner Seite. In euren kurzen Video-Interviews berichtet ihr beide, dass ihr im Gegensatz zu der Clique eher ruhige Charaktere mimt. Wie kommen die beiden Charaktere zusammen und wie habt ihr euch auf das Knistern eingestellt?
»Leo und Alex treffen sich zum ersten Mal in einem Café. Zu diesem Zeitpunkt stecken beide noch in alten Beziehungen. Sie flirten kurz miteinander und verlieren sich wieder aus den Augen. Einige Wochen später, als sich beide von ihren Altlasten befreit haben, begegnen sie sich zufällig wieder und haken da ein, wo sie beim ersten Mal aufgehört haben. Da beide nicht mehr so jung und stürmisch sind — beide sind über 30 und haben schon einiges erlebt —, gehen sie die Sache behutsam an und schauen erstmal, was sich da entspinnt. Eigentlich eine schöne Art, einer Herzensangelegenheit nachzugehen. Marcel ist wunderbar mit Blicken, mit kleinen Nuancen. Ein charmanter, toller Flirter. Da kommt das Knistern praktisch von alleine.«
Leo erlebt ein recht spätes Coming Out. Glaubst du, dass das heute noch häufiger der Fall ist als früher? Wie geht ihr mit diesem hin und wieder sehr sensiblen Thema in Alex und der Löwe um?
»Ich weiss nicht, ob das heute häufiger der Fall ist als früher, ich vermute eher nicht. Ich denke, dass sich da vieles geändert hat, auch in der Provinz. In Alex und der Löwe geht es gar nicht so sehr um das Coming Out, sondern um Leos Suche nach dem Löwen in sich, um den langen Weg, den er braucht, um endlich zu sich selbst zu stehen und sich bestimmte Dinge zu trauen. Da ist das Schwulsein nur ein Faktor unter mehreren. Sein ganzes Leben befindet sich im Umbruch, beruflich ist er nicht zufrieden, er wünscht sich, mutiger zu sein.«
Wann und wo werden wir Alex und er Löwe zu sehen bekommen?
»Wir sind gerade im Schnitt und hoffen, die Vorpremiere Anfang Dezember in Berlin machen zu können.«
Ich bin sehr gespannt.