May 18, 2008

Sonnet 87

Farewell! thou art too dear for my possessing,
And like enough thou know’st thy estimate:
The charter of thy worth gives thee releasing;
My bonds in thee are all determinate.
For how do I hold thee but by thy granting?
And for that riches where is my deserving?
The cause of this fair gift in me is wanting,
And so my patent back again is swerving.
Thyself thou gavest, thy own worth then not knowing,
Or me, to whom thou gavest it, else mistaking;
So thy great gift, upon misprision growing,
Comes home again, on better judgment making.
Thus have I had thee, as a dream doth flatter,
In sleep a king, but waking no such matter.

(William Shakespeare)

17. Mai 2008

Nachrichten, die man gerne bekommt

Wie gut es in dunklen Lebensphasen doch tut, wenn jemand in lieber Weise an einen denkt. Folgende SMS erreichte mich gestern früh rechtzeitig zum Frühstück um 10:50 Uhr:

Dein Gedenken lebt in Träumen fort
Träume, die dein Bild verklärt mir zeigen,
Sagen: daß du ewig bist mein eigen,
Und gewiß, die Träume halten Wort.

Keine Ahnung, ob dieser Vers von Friedrich Rückert oder Peter Cornelius ist, aber ich fand ihn so unheimlich schön, dass er mir Glückstränen in die Augen trieb.

14. Mai 2008

Und der Horizont kann wie ein Kuss sein.

Our revels now are ended. These our actors,
As I fortold you, were all spirits, and
Are melted into air, into thin air,
And, like the baseless fabric of this vision,
The cloud-capped towers, the gorgeous palaces,
The solemn temples, the great globe itself,
Yea, all which it inherit, shall dissolve;
And, like this insubstantial pageant faded,
Leave not a rack behind. We are such stuff
As dreams are made on, and our little life
Is rounded with a sleep.
(William Shakespeare, »The Tempest«)

Trotz der hinter mir liegenden 21 Stunden, die ich auf den Beinen bin, kann ich nicht schlafen. Hellwach. Dabei ist noch nicht einmal Vollmond, Kaffee trinke ich nicht, und der Tee dürfte schon seit rund 15 Jahren nicht mehr anschlagen. »Twelfth Night« beschäftigt mich, abgesehen davon, dass ich auch in der U-Bahn strophenweise den Text vor mich hinbrumme, auch nicht. Ein paar Passagen gefallen mir wirklich, aber alles in allem freue ich mich viel mehr auf den Puck. Dieses Jahr werde ich ihn anders spielen dürfen als 2004. Ich fühle mich der Aufgabe weit mehr gewachsen, bin mir meiner selbst bewusster geworden.
Die Begegnungen der letzten Zeit beschäftigen mich. Einige sind so berauschend, mysteriös, intensiv und schön, dass man Bücher darüber schreiben möchte. Begegnungen mit Menschen — und mit Musik. Brian Eenie habe ich getroffen, wir werden noch diesen Monat mit den Aufnahmen für das neue Album beginnen, mein erstes seit 2005. Brian kenne ich seit fünf Jahren, ohne ihn wäre die Lover’s Space-Platte nie und nimmer entstanden. Das Konzept für das neue Album habe ich während der Reise durch Namibia entwickelt — und während der langen, langen Spaziergänge durch Cape Town.

Je weniger ich blogge, desto besser geht es mir. (Was für eine Erkenntnis nach über 700 Beiträgen in fast zwei Jahren. Und ich bin nicht der erste Blogger, der das merkt.) Ich bin mehr »bei mir«, schaffe mehr und habe mehr Spaß an der Arbeit. I’d rather lead a life than follow a life. Zwar fehlt mir oft die Konversation mit Euch, aber das Bloggen selber…? Es wurde auch oft zu privat. Ich hatte mir ja geschworen: »Persönlich, aber nie privat! Wirf den Aasgeiern da draußen nicht mehr zu Füssen als nötig.« — Tja, und dann dieses Ding am 1. April. In meiner Verzweiflung ging ich dann doch online damit. Keine Ahnung, ob es ein Fehler war oder nicht — jedenfalls denke ich jetzt, ich hätte das Ganze ausführlicher und in Buchform aufarbeiten sollen. Eine Lektion in Heuchelei und Verrat. Die komödiantische Dimension dieser Missbrauchs-Geschichte wurde mir (leider) erst viel später bewusst, als ich mit Freunden darüber sprach und mich meiner geistigen Gesundheit vergewisserte. (Eine Zeitlang glaubte ich echt, ich sei bescheuert, so abstrus war das Ganze.) In Zukunft wird über Gefühlsangelegenheiten hier nicht mehr geschrieben werden. Vielleicht sollte ich mich vollends auf Filmberichte verlegen — doch leider werden die ja gar nicht gelesen.
Flickr.com löschte ohne Ankündigung eines meiner Fotoalben, die mit diesem Blog verknüpft sind. Das heißt, dass jetzt ca. 150 Fotos auf diesem Blog einfach unwiderruflich weg sind. Es würde lange dauern, sie erneut im Netz zu suchen, sie hochzuladen und so weiter. Die Fotos waren eigentlich immer ein sehr wichtiger und schöner Bestandteil dieses Blogs. Dass jetzt ein Drittel der Bilder verschwunden sind, ärgert mich doch sehr und bestätigt mich in meinem Vorhaben, die Bloggerei für eine Weile Bloggerei sein zu lassen.
Die Arbeit belegt mich noch bis Ende des Jahres mit Beschlag, und endlich-endlich spüre ich auch Bewegung. Die Deed Poll-DVD hatte in den USA einen verhältnismäßig erfolgreichen Start, die DVDs von Der Mann im Keller sind fertig — Premiere ist im Juni —, das neue Buch wird im Spätsommer u. a. bei Amazon erhältlich sein, die Theaterarbeit läuft ohne größere Komplikationen (schlechtes Zeichen?), ich fange eine neue CD an — die persönlichste und vermutlich düsterste bisher —, und für den Spätherbst ist auch noch ein neuer Film geplant (wenn ich Stefan und diverse andere Freunde zur Mitarbeit bewegen kann). Ich arbeite, also bin ich. Mein altes Fluchtmuster. (Okay, andere saufen oder koksen oder ficken sich das Hirn weg, aus dieser Perspektive wirke ich noch gesund.) Wenigstens ist mir das diesmal bewusst. Aber wenn ich diese Möglichkeit nicht hätte, wäre ich vermutlich längst nicht mehr am Leben. Klingt dramatisch, ist aber wahr. — Und ich bin nicht gerutscht, sondern habe klar meine Entscheidungen getroffen.

London, ja — vielleicht doch mein Zuhause? Seit nunmehr 17 Jahren fühle ich mich als Entwurzelter doch sehr aufgehoben hier. Obwohl Berlin gerade jetzt wieder so grün und frisch und verrückt ist, dass man sich kaum eine lebenswertere Stadt vorstellen kann. Warum nur fühle ich mich so dazwischen? Immer schon war das so, dass ich da sein wollte, wenn ich hier bin und umgekehrt.

O, she that hath a heart of that fine frame
To pay this debt of love but to a brother,
How will she love when the rich golden shaft
Hath kill’d the flock of all affections else
That live in her; when liver, brain, and heart,
These sovereign thrones, are all supplied, and fill’d—
Her sweet perfections — with one self king!
Away before me to sweet beds of flow’rs;
Love-thoughts lie rich when canopied with bow’rs.
(William Shakespeare, »Twelfth Night«)

Musik zur Zeit: Annette Berr, Boris Steinberg, Janet Jackson, Gérald De Palmas und Erika Pluhar. Gelesen? Kaum. Kino? Nein. In knapp vier Stunden rattert D.s Wecker. Ein Geräusch, das ich niemandem um diese Zeit wünsche. Dennoch ist es dieser Rastlosigkeit zu verdanken, dass ich mich lebendig fühle. Schöner Leitsatz für den Tag: »A BODY WITHOUT A SPIRIT IS A CORPSE AND A SPIRIT WITHOUT A BODY IS A GHOST.« (Abraham Joshua Heschel)