Filmtipp #273: Meine Frau, die Hexe (Screwball-Frühling V)

Meine Frau, die Hexe

Originaltitel: I Married a Witch; Regie: René Clair; Drehbuch: Robert Pirosh, Marc Connelly; Kamera: Ted Tetzlaff; Musik: Roy Webb; Darsteller: Frederic March, Veronica Lake, Robert Benchley, Susan Hayward, Cecil Kellaway. USA 1942.

i married a witch

Eine durch und durch unterhaltsame Geisterkomödie, die entfernt an das rund 18 Jahre später entstandene Spukschloss im Spessart erinnert. Zündende Gags, eine eigenwillige Poesie und superniedliche Trickaufnahmen machen »I Married a Witch« auch heute noch zu einem reizenden Film für die ganze Familie.
Der Schauplatz ist New England, 17. Jahrhundert. Die Aussage von Jonathan Wooley (March) die zauberhafte Hexe Jennifer (Lake) und ihren garstig-charmanten Vater, den Zauberer Daniel (Kellaway), auf den Scheiterhaufen. Im Angesicht höchster Pein verhängen sie über Wooley und seine Familie einen Fluch: Alle männlichen Nachkommen sollen in Zukunft wahre Furien von Ehefrauen zur Seite haben und niemals Glück in der Liebe finden. Jennifer und ihr Vater fahren als Geister in eine alte Eiche ein, aus der sie 1942 durch einen Blitzeinschlag in neuer Gestalt auf die Erde zurückkehren. Erneut machen sie sich daran, das Leben eines Wooley, in diesem Falle des jüngsten Sprösslings Wallace (March), einem aufstrebenden Politiker, zu zerstören. Allerdings ereignen sich diesmal allerlei Pannen, die eine gänzlich andere Wirkung erzielen: Durch ein dummes Versehen trinkt Jennifer von einem Zaubertrank, der eigentlich für Wallace bestimmt war, und verliebt sich in ihren Erzfeind, an dem sie eigentlich Rache nehmen wollte.

Der aus Frankreich emigrierte Regisseur René Clair war zunächst alles andere als erbaut über die Ansage vom Studio, dass Veronica Lake die Hauptrolle in seinem Film übernehmen sollte. Er hielt sie — wohl angestachelt von Raymond Chandler, der der Lake den wenig schmeichelhaften Spitznamen Moronica verpasst hatte — für ein dummes Blondchen und traute ihr schauspielerisch nichts zu. Noch während der Dreharbeiten revidierte er sein voreiliges Urteil und entschuldigte sich bei ihr. Tatsächlich gab Veronica Lake als betörende Hexe Jennifer die beste Vorstellung ihrer Laufbahn. Die possierlich-spaßige Mischung aus Komödie und Fantasyfilm wurde in den 1960ern zum Aufhänger für die erfolgreiche TV-Serie »Bewitched« mit Elizabeth Montgomery.

André Schneider

Filmtipp #272: Leoparden küsst man nicht (Screwball-Frühling IV)

Leoparden küsst man nicht

Originaltitel: Bringing Up Baby; Regie: Howard Hawks; Drehbuch: Dudley Nichols, Hagar Wilde; Kamera: Russell Metty; Musik: Roy Webb; Darsteller: Cary Grant, Katharine Hepburn, Charles Ruggles, Walter Catlett, Barry Fitzgerald. USA 1938.

bringing up baby

»In dieser Wohnung können Sie keinen Augenblick länger bleiben, Susan.« — »Aber David! Ich hab doch einen Mietvertrag!«

Diese wohl berühmteste Komödie Howard Hawks’ fand erst 1966 ihren Weg in die deutschen Lichtspielhäuser, und es sollte noch weitere 29 Jahre dauern, ehe der Film endlich ungeschnitten — bei der Kinoauswertung fehlten acht Minuten! — in Deutschland zu sehen war: Cary Grant gibt als trotteliger Paläontologe David Huxley die Vorstellung seines Lebens. Obschon erst jung an Jahren, steht Huxley gerade im Begriff, sein Lebenswerk zu vollenden: die komplette Rekonstruktion eines Dinosaurierskeletts. Da stolpert die scharfzüngige, kapriziöse und reichlich temperamentvolle Susan (Hepburn) in sein Leben. Ihr Terrier George (gespielt von Asta, der mit The Thin Man und The Awful Truth zu Weltruhm gelangte) stiehlt einen Knochen, den letzten Teil des Gerippes, und eilt von dannen, um ihn zu begraben. Bei der gemeinsamen Suche nach dem kostbaren Knochen bringt die extravagante Millionenerbin, deren zweites Haustier ein zahmer Leopard namens Baby ist, den schüchternen Professor immer wieder in prekäre Situationen…

»Der Mann, der Sie mal kriegt, beschließt sein Leben im Irrenhaus«, sagt Cary Grant zu Beginn des Films zu Katharine Hepburn. Gemessen an dem, was Howard Hawks seinem tapsigen Helden hier zumutet, wäre das Irrenhaus quasi ein Erholungsheim: Tempo, Kontraste und Übertreibungen sind alles. Stellenweise ist »Bringing Up Baby« purer Slapstick. 1938 floppte die rasante Komödie auf ganzer Linie. Hawks verließ daraufhin RKO, während sich Hepburn für 200.000 Dollar aus ihrem Vertrag kaufte. Sie und Cary Grant spielten in den Folgejahren noch in zwei weiteren, stilistisch ähnlich gelagerten Komödien zusammen. 1972 brachte Peter Bogdanovich mit »What’s Up, Doc?« eine gelungene Hommage an den damals längst zum Klassiker avancierten Hawks-Film in die Kinos, und 1987 entstand mit »Who’s That Girl« (Regie: James Foley) ein übles Remake mit Madonna in der Hepburn-Rolle.

André Schneider