Wichtige Mitteilung!

Liebe Lesenden,
zum Ende des Jahres werden all meine BoD-Veröffentlichungen vom Markt genommen: Aus der Umarmung des Wassers, Die Feuerblume, Sie7en und Es wird schon hell werden ab 2021 nicht mehr erhältlich sein! Wer also noch eines dieser Bücher erwerben möchte — vielleicht als Weihnachtsgeschenk? —, sollte zeitig bestellen. Das geht in jeder Buchhandlung, bei Amazon und anderen Online-Händlern und selbstverständlich auch direkt beim Verlag.
Es gibt für das kommende Jahr ein paar gute Neuigkeiten, über die ich Euch beizeiten näher informieren werde. Jetzt wünsche ich Euch erst einmal einen gelungenen Start in ein geruhsames Wochenende. Herzlichst,

Euer André

25. Oktober 2020

Die Welt zeigt sich hässlich. Das schlägt mir buchstäblich auf den Magen. Die Beharrlichkeit, mit der wir zugemüllt werden, lässt uns kaum Fluchtmöglichkeiten. (Vielleicht sollte ich mir doch das Buch »How to Disappear: Notes on Invisibility in a Time of Transparency« von Akiko Busch zulegen?) Das lästige Virus, die hysterisch-ungeordneten Maßnahmen und die steigenden Neuinfektionen von zurzeit ca. 15.000 pro Tag scheinen angesichts der unappetitlichen US-Wahlen bloß noch Staffage zu sein. In Frankreich wird ein Lehrer auf offener Straße von einem fanatischen Muslim enthauptet, und die sonst reflexartig eintretende Empörung der Deutschen bleibt aus. Weil die islamische Gewalt inzwischen geduldet oder gar goutiert wird? Ich weiß es nicht, es fällt nur auf. Man scheint es amüsanter zu finden, sich über die Corona-Infektion von Jens Spahn lustig zu machen. Verrohung plus maßlose Mittelmäßigkeit und eine widerwärtige Dauerberieselung mit irrelevanten und/oder inkompetenten Polit-Darstellern im Netz. Sawsan Chebli ist ein sehr anschauliches Beispiel für den Dunning-Kruger-Effekt. Das Interview, das Tilo Jung kürzlich mit ihr führte, konnte ich mir noch anschauen, für ihren Auftritt bei Krömer fehlte mir die Kraft. Als Politikerin passt sie perfekt in diese Zeit, und der Erfolg gibt ihr recht. Derweil wird den Solo-Selbständigen immer wieder eingetrichtert, dass sie keine Relevanz und damit keine Lobby haben und sich gefälligst selbst helfen sollen. Was Kultur in Deutschland wert ist, hat die Corona-Krise noch einmal ganz klar und deutlich gezeigt. Es ist ein widerliches Spiel, das da im Gange ist! (Nicht, dass es uns in den sozialen Berufen viel besser ginge. Nur sind unsere Stellen zumindest »sicher«, wenn auch unterbezahlt und gesellschaftlich nicht wertgeschätzt.)
Als hätten Magen und Darm mich noch nicht genug geplagt, widmete ich einen Großteil meiner Krankentage der Wohnungssuche. Etwa 50 Kilometer vor Berlins Stadtgrenzen, in Eberswalde, Liebenwalde, Luckenwalde oder Brandenburg an der Havel, gibt es in der Tat noch Wohnungen, die ich mir mit einem Berliner Erziehergehalt leisten könnte. Bezahlbarer Wohnraum in Berlin (und im Speckgürtel) ist Geschichte. Selbst die Genossenschaften haben preislich aufgerüstet. Das verdanken wir der SPD und ihren Freunden. Alles, was man findet, sieht nach Notlösung aus. Wenn man nicht gerade als WG, Paar oder Familie unterwegs ist und nicht in einem Plattenbau in Marzahn-Hellersdorf geparkt werden möchte, ist es 2020/21 nicht mehr möglich, menschenwürdig in dieser Stadt zu wohnen, wenn man weniger als 3.000 Euro netto verdient.

Das persönliche Treffen mit Jobst Mahrenholz war der einsame Höhepunkt der vergangenen Wochen. Ein profundes, herzliches Gespräch in angemessen eleganter Kulisse. Seinen »Tullio«, sprachlich schlicht und ergreifend, habe ich anschließend in Windeseile verschlugen, während im Hintergrund leise Albaneses »The Twelve« spielte und ich Sanddorn-Tee genoss — großzügige Geschenke von Jobst. (Danke!) Darüber hinaus komme ich immer noch nicht dazu, entspannt zu lesen — ich hätte noch »Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt« von Maya Angelou und »Das Ende von Eddy« von Édouard Louis auf der Liste —, weil das Kolloquium und die Abschluss-Prüfungen eben noch im Raume stehen und mich bebürden. Vielleicht auch deswegen der Trubel im Magen-Darm-Bereich?
Und sonst? Meine Schwester wurde gestern 38, Ian wird es am Dienstag. Chelitos Demenz sorgt für kleine Lacher im Alltag. Ich habe mir bereits meinen Kalender für 2021 besorgt, mit Texten von Paulo Coelho, herausgegeben von Diogenes; der schönste Kalender, den ich je hatte. Hoffen wir, dass es ein ebensolches Jahr wird. 2020 war ein einziges Missverständnis. Es war das erste Jahr seit 2009, in welchem ich nicht nach Frankreich konnte. Habe das Gros meiner Freunde nicht sehen können. In dieser hässlichen Stadt überkommen mich klaustrophobische Zustände. Im kommenden Jahr gilt es, diesen zu trotzen. Habt einen schönen Sonntag,

André

Filmtipp #687: Eine zuviel im Bett

Eine zuviel im Bett

Originaltitel: Move Over, Darling; Regie: Michael Gordon; Drehbuch: Hal Kanter, Jack Sher; Kamera: Daniel L. Fapp; Musik: Lionel Newman; Darsteller: Doris Day, James Garner, Polly Bergen, Thelma Ritter, Chuck Connors. USA 1963.

Just an dem Tag, an dem Nicholas Arden (Garner) seine Frau richterlich für tot erklären lässt, kommt die als vermisst gemeldete Ellen Arden (Day) wieder nach Hause, nachdem sie nach einem Flugzeugabsturz fünf Jahre (!) auf einer einsamen Insel hatte ausharren müssen. Während sie ihre beiden kleinen Töchter (Pami Lee und Leslie Farrell) über ihre Identität vorerst noch im Dunkeln lässt, beschert Ellens Auftritt ihrer Schwiegermutter Grace (Ritter) einen Ohnmachtsanfall. Doch auch Ellen hat einen schweren Brocken zu schlucken, denn Nicholas hat gleich, nachdem er sie für tot erklären ließ, wieder geheiratet und ist mit seiner neuen Braut, der zickig-neurotischen Bianca (Bergen) in die Flitterwochen nach Monterey gefahren. Ellen ist außer sich und reist den beiden nach. Doch damit sind die Eifersüchteleien noch lange nicht vorbei, denn Nicholas muss erfahren, dass seine Frau auf der vermeintlich einsamen Insel alles andere als ein Robinson-Dasein führte, denn sie war dort mit dem gutgebauten Frauenhelden Stephen Burkett (Connors) gestrandet…

George Cukor hatte sich 1962 berufen gefühlt, ein Remake des Klassikers »My Favorite Wife« (Regie: Garson Kanin) zu inszenieren. Der war 1940 aufgrund seiner illustren Besetzung — Cary Grant, Randolph Scott, Irene Dunne — ein Riesenerfolg und für drei Oscars nominiert gewesen. Für seine Version des Stoffes wählte Cukor einen neuen Titel: »Something’s Got to Give«. 20th Century Fox war begeistert von der Idee, wenn auch nicht von Cukors Bedingung, Marilyn Monroe die Hauptrolle zu geben. Deren Unprofessionalität und Untalent ließen die Produktion schließlich auch platzen: Von 30 Drehtagen erschien sie lediglich an 13 — und war an diesen so unvorbereitet, dass die Arbeit nur schleppend vorankam. Sie wurde gefeuert, durch Lee Remick ersetzt und schließlich wieder engagiert, da ihre Kollegen Dean Martin, Tom Tryon und Cyd Charisse damit drohten, das Handtuch zu werfen, sollte sie nicht wiederkommen. Monroes vorzeitiges Ableben am 5. August 1962 beendete »Something’s Got to Give« endgültig. Heute existiert ein Rohschnitt von 37 Minuten Länge, der erahnen lässt, was für eine süße Komödie es hätte werden können. Um das für die Fox sündhaft teure Projekt doch noch zu retten, überarbeitete man das Drehbuch, engagierte den als zuverlässigen Routinier geschätzten Michael Gordon als Regisseur und zimmerte aus »Something’s Got to Give« eine Doris Day-Komödie. Die Dreharbeiten begannen am 13. Mai 1963 und waren Ende Juli bereits abgeschlossen. In den USA startete der Film zu Weihnachten in den Kinos und bescherte der Fox volle Kassen: Dem Budget von 3,5 Millionen Dollar stand ein Reingewinn von 13 Millionen Dollar gegenüber. Es wurde einer der erfolgreichsten Filme der Saison 1963/64 und rettete das Studio, das nach den horrenden Kosten, die »Cleopatra« (Regie: Joseph L. Mankiewicz) verursacht hatte, ganz schön ins Straucheln geraten war, vor dem Ruin.
Auch 57 Jahre nach seiner Uraufführung strotzt »Move Over, Darling« vor Witz und Esprit. Die Schauspieler geben geradezu akrobatische Vorstellungen; Doris Day brach sich bei einer Kampfszene mit James Garner sogar zwei Rippen, spielte aber unbeirrt weiter. Erst am nächsten Tag bemerkte das Team anhand eines Verbandes um ihren Torso, dass sie sich verletzt hatte. Day stand hier zum zweiten und letzten Mal mit Garner vor der Kamera. Im Vorjahr hatten die beiden mit The Thrill of It All einen weiteren Erfolg verbuchen können. Mit Regisseur Gordon und der wunderbaren Thelma Ritter hatte sie 1959 ihren größten Hit Pillow Talk gehabt. Heimlicher Star von »Move Over, Darling« ist Polly Bergen, die eine hinreißend komische Performance liefert. Versierte Komiker wie Fred Clark, Don Knotts, Elliott Reid, John Astin und Edgar Buchanan umrahmen die vier Stars in schrullig-liebenswerten Nebenrollen. Zu den witzigsten Momenten gehören die Szenen vor Gericht sowie die inzwischen legendäre Sequenz, in welcher Doris Day mit ihrem Cabrio durch die Waschstraße fährt.

André Schneider