Filmtipp #670: Eine neue Art von Liebe

Eine neue Art von Liebe

Originaltitel: A New Kind of Love; Regie: Melville Shavelson; Drehbuch: Melville Shavelson; Kamera: Daniel L. Fapp; Musik: Erroll Garner, Leith Stevens; Darsteller: Paul Newman, Joanne Woodward, Thelma Ritter, Eva Gabor, Maurice Chevalier. USA 1963.

Samantha Blake (Woodward), ihrer burschikosen Art wegen Sam genannt, arbeitet für den New Yorker Mode-Großhändler Joe Bergner (George Tobias). Sie entwirft preiswerte Duplikate von teuren Designer-Klamotten. Um die neuesten Trends aus Europa abzufangen, fliegt sie mit ihrem Boss und dessen Assistentin Lena (Ritter) nach Paris. Im Flugzeug lernt sie den Kolumnisten Steve Sherman (Newman) kennen und findet ihn auf Anhieb unsympathisch. Sherman seinerseits wurde von seinem Chefredakteur (Robert F. Simon) nach Frankreich strafversetzt, nachdem er dessen Ehefrau verführt hatte. Auch er ist alles andere als angetan von der überheblich-stolzen jungen Frau mit der Knabenfrisur, und so trennen sich ihre Wege in Orly wieder.
An der Seine besuchen Sam, Lena und Bergner gemeinsam mit Felicienne (Gabor), einer Mitarbeitern der französischen Niederlassung von Bergner, die Modenschauen und sind reichlich inspiriert. Bei den Feierlichkeiten zu Ehren von Sait Catherine hat Sam die Eingebung, die Heilige Katharina will sich ihrer annehmen und ihr einen Ehemann zuführen. In einem Schönheitssalon lässt sie sich aufhübschen. Als sie dann — wie sollte es anders sein? — per Zufall den leichtlebigen Steve wieder trifft, erkennt dieser sie nicht. Sam nutzt die Chance und gibt sich als Escort namens Mimi aus und erzählt ihm frivole Details aus ihrem Berufsleben. Steve wittert eine neue Story und merkt zunächst gar nicht, dass er und Sam sich Tag um Tag mehr ineinander verlieben…

Nach »The Long, Hot Summer« (Regie: Martin Ritt), »Rally ’Round the Flag, Boys!« (Regie: Leo McCarey), »From the Terrace« (Regie: Mark Robson) und Paris Blues war diese parodistisch daherkommende romantische Komödie der bereits fünfte Film des Ehepaares Woodward-Newman, die zu den wenigen Traumpaaren Hollywoods gehörten, deren Verbindung skandalfrei blieb und erst nach 50 Jahren mit Newmans Tod im September 2008 endete. Die zahllosen gemeinsamen Filme der beiden waren mal mehr, mal weniger erfolgreich. »A New Kind of Love« lag irgendwie im Mittelfeld. Woodward genießt ihr komödiantisches Talent ganz offensichtlich; es ist eine Freude, ihr zuzusehen (ganz anders als beispielsweise in »A Fine Madness« (Regie: Irvin Kershner) oder »The Fugitive Kind« (Regie: Sidney Lumet), in denen sie nicht zu ertragen war). Newman indes fühlte sich in Komödien nie so ganz wohl und agierte meist ungewohnt steif. So leider auch hier, obwohl man sagen muss, dass die Funken in den gemeinsamen Szenen mit seiner Frau wirklich sprühen. Zum zweiten Mal in einem Newman-Woodward-Film spielt Paris die dritte Hauptrolle, und hier sogar in leuchtenden Farben und mit Maurice Chevalier, der einen wahrlich zauberhaften Gastauftritt (als er selbst) hinlegt und gleich mehrere sanft-jazzige Paris-Chansons zum Besten gibt. Den schmalzigen Titelsong singt dafür kein Geringerer als Frank Sinatra; »You Brought a New Kind of Love to Me« dürfte einer seiner schönsten Songs sein. Die Nebendarsteller spielen allesamt wunderbar, von Eva Gabor über Marvin Kaplan, Robert Clary und Joan Staley bis hin zu Thelma Ritter, die hiernach nur noch vier Filme drehen konnte; sie erlag 1969 kurz vor ihrem 67. Geburtstag einem Herzinfarkt.
Melville Shavelson war für seine artig inszenierten, familientauglich-sauberen Komödien bekannt und wurde für seine Arbeitsweise hoch geschätzt. Seine größten Erfolge waren »Houseboat« (1958, mit Sophia Loren und Cary Grant), »It Started in Naples« (1960, mit Sophia Loren und Clark Gable) sowie »Yours, Mine and Ours« (1968, mit Lucille Ball und Henry Fonda). Er hatte in den 1930ern als Gagschreiber für Bob Hope begonnen, als dieser noch im Radio auftrat, und später dann den Sprung zum Film gewagt. Als Drehbuchautor stand er zweimal auf der Nominierungsliste für den Oscar. (Eines seiner witzigsten Zitate war: »Working for Warner Brothers was like making love to a porcupine — a thousand pricks against one.«) Mit einem Einspielergebnis von 2,25 Millionen US-Dollar war »A New Kind of Love« zwar kein umwerfender kommerzieller Erfolg für die Paramount, aber es gab immerhin zwei Oscarnominierungen für Edith Head (Kostüme) und Leith Stevens (Musik), während Joanne Woodward für einen Golden Globe vorgeschlagen wurde. Das berühmte Filmplakat diente 2013 als Motiv für das Filmfestival in Cannes und bescherte dem in der Zwischenzeit beinahe dem Vergessen anheimgefallenen Film wieder etwas mehr Aufmerksamkeit.

André Schneider