Filmtipp #755: Der Gnadenlose

Der Gnadenlose

Originaltitel: P.J.; Regie: John Guillermin; Drehbuch: Philip Reisman Jr.; Kamera: Loyal Griggs; Musik: Neal Hefti; Darsteller: George Peppard, Raymond Burr, Gayle Hunnicutt, Brock Peters, Wilfrid Hyde-White. USA 1968.

Universal kündigte diesen Streifen im Herbst 1966 als eine ihrer kommenden Produktionen an. Der Arbeitstitel lautete da noch »Criss Cross«. Im November wurde bekannt, dass George Peppard die Hauptrolle übernehmen werde. Wenige Tage später gab Regisseur John Guillermin seine Zusage. Kurz vor Drehbeginn erhielt die Newcomerin Gayle Hunnicutt den Zuschlag für die weibliche Hauptrolle; es war der erste von zwei Filmen, die sie für Universal machen sollte. Sie wurde hier von Jean Louis eingekleidet und von Larry Germain frisiert.
Der erste Drehtag fiel auf den 27. Januar 1967. Guillermin filmte zuerst on location (unter anderem in New York City und auf Catalina Island), um dann für die Innenaufnahmen in die Studios von Universal City weiterzuziehen. Während des Drehs änderte sich der Titel, und aus »Criss Cross« wurde »New Face in Hell« — wieso die Studiobosse sich im September 1967 schließlich für »P.J.« entschieden, bleibt unerklärt.

P.J. steht für Peter Joseph. So heißt Peppard hier. Nachname: Detweiler. Peter Joseph Detweiler ist Privatdetektiv in New York und braucht dringend Arbeit. Darum nimmt er einen Auftrag von dem zwielichtigen Millionär William Orbison (Burr) an: Er soll dessen Geliebte Maureen (Hunnicutt) leibwächtermäßig beschützen. Es dauert nicht lang, ehe ein Anschlag auf Maureen verübt wird. Der Millionär lässt P.J. und Maureen zusammen mit seiner Familie (Coleen Gray und Susan Saint James) und einigen anderen einen Erholungsurlaub auf den Bahamas machen. Dort kommen sich der Leibwächter und sein Schützling auch romantisch näher. Es dauert jedoch nicht lange, bis P.J. in Ausübung seiner Pflicht einen vermeintlichen Attentäter erschießt — dessen Waffe allerdings nur mit Schreckschusspatronen geladen war. Wieder in New York, muss der arme Detektiv feststellen, dass er zu einem Spielball in einem grausamen Spiel seines reichen Auftraggebers geworden ist. Seine Rolle: der Sündenbock in einem Mordkomplott…

Neal Hefti schuf einen groovigen Score, der uns schon im Vorspann auf die Sechziger einstimmt und das elegante Feeling dieses hübschen Studiofilms unterstreicht. Das Skript ist gerade in Bezug auf Peppards Figur leider ziemlich unausgegoren und nicht gerade frei von den üblichen Drehungen und Wendungen — Ausgangspunkt für den Film war eine andere Universal-Produktion aus den 1940ern gewesen: »The Web« (Regie: Michael Gordon, mit Vincent Price) —, strotzt aber dafür mit großartigem Wortwitz, ohne dabei je zur Komödie zu werden. Die Gewaltdarstellungen gerieten teilweise so drastisch, dass »P.J.« für die US-Fernsehausstrahlungen um etliche Minuten gekürzt werden musste.
»P.J.« war einer von fünf Filmen, die George Peppard in den späten Sechzigern für Universal drehte. Die anderen waren »Tobruk« (Regie: Arthur Hiller, mit Rock Hudson), »Rough Night in Jericho« (Regie: Arnold Laven, mit Jean Simmons), »What’s So Bad About Feeling Good?« (Regie: George Seaton, mit Mary Tyler Moore und Thelma Ritter) und »House of Cards« (Regie: John Guillermin, mit Orson Welles), der direkt im Anschluss entstand. Für diese Filme hatte Peppard eine Gesamtgage von 1,6 Millionen Dollar plus eine prozentuale Gewinnbeteiligung ausgehandelt. »P.J.« wurde von den Kritikern seinerzeit als »routinierter Spaß« bezeichnet, schlug aber an den Kassen keine hohen Wellen: In den USA, wo er im März 1968 startete, spielte der glamouröse Thriller nur etwa eine Million Dollar ein. In der BRD floppte »P.J.« gnadenlos und wurde bis heute nicht im Fernsehen gezeigt. Das US-Label Kino Lorber brachte das in Vergessenheit geratene Werk im Oktober 2020 auf DVD und BluRay heraus.
Wer gut aufpasst, kann Herb Edelman und Anthony James in Nebenrollen bewundern.

André Schneider