31. August 2012

Men to Kiss
In 24 Stunden ist es endlich soweit: Männer zum Knutschen feiert im Kino International seine Deutschlandpremiere!
     Ab dem 6. September läuft er dann in fast 20 Städten, unter anderem in Dresden, Dortmund, Wuppertal, Hannover, Essen, Köln und — was mich ganz besonders freut — Bern. Auf der Seite von Pro-Fun könnt Ihr Termine und Details erfahren.
     Seit seiner Welturaufführung in Australien gewann Männer zum Knutschen über ein halbes Dutzend internationale Filmpreise, so zum Beispiel die Auszeichnung »Bester Film« in Honolulu und das Prädikat »Beste Komödie« in San Diego. Die Pressestimmen, vor allem in den USA und Kanada, waren geradezu euphorisch, hier in Deutschland reagierte man (erwartungsgemäß) etwas gemäßigter, aber immerhin nannte der »Spiegel« unseren Film eine »charmante Romanze«, der »Film Dienst« lobte meine »komischen Dialogpassagen« und selbst »kino-zeit.de« zeigte sich über den »lobenswert selbstverständlichen Umgang mit Homo- und Transsexualität« erfreut. Ich selber habe den Film bis jetzt noch nicht sehen können und gehe daher mit einer gewissen Spannung in die morgige Premiere.
     Die Anfänge von Männer zum Knutschen gehen weit zurück. (Hier könnt Ihr bereits den allerersten Eintrag nachlesen.) Für mich bedeutete das Projekt seinerzeit (2010) sieben Monate des Durcharbeitens: Siebentagewochen, manchmal 19 Stunden pro Tag, fünf freie Tage in fünf Monaten. (Über die ersten Wochen der Dreharbeiten schrieb ich hier.) Es war eine aufregende, bewegte Zeit, die mir aufzeigte, wie viel man erreichen und kreieren kann, wenn man gemeinsam an etwas glaubt. Mit Freude erinnere ich mich an Klaus Hoser, an Dominik und Sascia, an Marc B. und Marc H., den großen Spaß, den uns die Partyszenen machten, an die unbeschreibliche Hochsommerhitze und die Großzügigkeit Marcus Lachmanns, der uns in seiner Traumwohnung drehen ließ. Am 27. Februar 2011 verließ ich das Projekt, das ich geschrieben, initiiert, organisiert und zum Teil finanziert hatte, und danach tat sich noch sehr, sehr viel. Es gab Nachdrehs, Metamorphosen, Neuinterpretationen, die dem Werk offenbar sehr gut taten. Ich freue mich für den Erfolg, den meine Kollegen von Ente Kross mit unserem Baby erzielen konnten.

Klub Knuddelmänner

Nach der Premiere wird natürlich noch ordentlich gefeiert. Für Besucher des Films kostet der Partyeintritt nur fünf Euro! Es wäre großartig, Euch möglichst zahlreich morgen zu treffen und mit Euch Spaß zu haben.

Dominik, Sascia und André

Für all jene, die Männer zum Knutschen aus irgendeinem Grunde nicht im Kino sehen können, und für all die Filmfans, die wie ich der Meinung sind, dass man gute Filme mehrmals sehen sollte, habe ich noch eine prima Nachricht: Die DVD mit vielen bunten Extras kann jetzt schon bei Amazon vorbestellt werden!
     Also dann bis morgen, wir freuen uns auf Euch!

André

29. August 2012

Guten Morgen!
     Noch einmal ein kurzer, aber guter Beitrag zu der Reiche-Geschichte (ich hatte bereits hier über sie geschrieben). Nachdem sich der Mann von der »Bild« und der Geis von der CSU noch einmal so pfiffig zu Wort gemeldet haben, gefiel mir der folgende Artikel doch recht gut, da er die Sache klar beim Namen nennt. Bleibt noch zu erwähnen, dass es wohl ziemlich paranoid ist, sich durch etwas »bedroht« zu fühlen, das zwei wildfremde Menschen in ihren eigenen vier Wänden miteinander teilen.
     Kommt gut durch diesen Mittwoch.

André

»Die Dunkelfrau«
Bericht von Elmar Kraushaar, taz.de, 29. August 2012

Schwule und Lesben als Feindbild der regierungsamtlichen Rechtsauslegerin Katherina Reiche.

Die Konservativen werden gejagt, der CDU/CSU sitzt das Bundesverfassungsgericht im Nacken. Spätestens im kommenden Jahr wird Karlsruhe die Regierenden dazu verdonnern, homosexuelle Partnerschaften der Ehe gleichzustellen. Aber bis dahin wird verbal noch einmal aufgerüstet, jetzt mit einer Frau an der Spitze, Katherina Reiche.

Die brandenburgische Rechtsauslegerin und derzeitige Staatssekretärin im Bundesumweltministerium hat unlängst in der »Bild«-Zeitung die neuesten Parolen ausgegeben. »Unsere Zukunft liegt in der Hand der Familien, nicht in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften«, hetzt sie vor sich hin. »Neben der Euro-Krise ist die demografische Entwicklung die größte Bedrohung des Wohlstands.« Meint: Homosexuelle sind wert-, weil kinderlos.

Mit dieser imaginierten Bedrohung durch mangelnden Nachwuchs steht Frau Reiche in schrecklicher Tradition. Schon die Nationalsozialisten warnten vor dem Aussterben des Volkes, würde die Homosexualität um sich greifen. »Das Volk, das sehr viele Kinder hat, hat die Anwartschaft auf die Weltmacht und Weltbeherrschung«, orakelte 1937 der Reichsführer-SS, Heinrich Himmler, in einer seiner Geheimreden zur »Homosexuellenfrage« und fuhr fort: »Ein gutrassiges Volk, das sehr wenige Kinder hat, besitzt den sicheren Schein für das Grab, für die Bedeutungslosigkeit in 50 und 100 Jahren, für das Begräbnis in 200 und 500 Jahren.«

Dieser starke Tobak, durch keinerlei Zahlen und Analysen rational zu belegen, beeindruckte die nachfolgenden Generationen. So meldete sich mit ähnlichem Zungenschlag im Jahr 2000 ein anderer Homohasser zu Wort, Johannes Dyba, der damalige Erzbischof von Fulda. »Die besondere Förderung von Ehe und Familie hat unsere Verfassung natürlich nicht ohne Grund vorgesehen, sondern weil von gesunden und glücklichen Familien unser aller Zukunft abhängt«, führte er im »Spiegel« gegen die geplante Homo-Ehe ins Feld. »Wenn der Nachwuchs ausbleibt und keine starke neue Generation mehr heranreift, dann sind all die Milliardeninvestitionen für wissenschaftliche und technische Zukunftsprojekte in den Sand gesetzt.«

Wer glaubt, Katherina Reiche stehe heute mit ihrem Unsinn alleine da, der liegt falsch. Nicht nur der Irre von »Bild«, Kolumnist Franz Josef Wagner, springt ihr bei und lässt uns wissen, warum er sich nicht wohl fühle bei dem Gedanken, homo- und heterosexuelle Ehen würden gleichgestellt, denn: »Homosexuelle kriegen biologisch keine Kinder.« Und lobt dann doch — so viel Borderline muss sein — Deutschland dafür, dass es Homosexuelle nicht mehr ins Gefängnis steckt. Die intellektuelle Variante von derlei schlichten Gedankengängen liefert »FAZ«-Herausgeber Berthold Kohler. Nur Richtiges habe Frau Reiche gesagt, schließlich tue sie nichts anderes, als die »gesellschaftliche Lebenswirklichkeit« anzuerkennen.

Die blanke Wut hat Deutschlands Lesben und Schwule gepackt über diese tiefsitzende Verachtung à la Reiche, die spontan eingerichtete Facebook-Seite »Keine Zukunft mit Katherina Reiche« zählt inzwischen knapp 9.000 Anhänger. Durch diese massive Ablehnung lässt sich die CDU-Politikerin jedoch nicht beirren, beschwert sich gar via »Bild«: »Diejenigen, die am lautesten nach Toleranz rufen, besitzen selbst offenbar am wenigsten davon.« Mit dieser perfiden Retourkutsche wurde schon immer versucht, Minderheiten in ihre Schranken zu weisen. Doch nicht genug, in der Folge belebt Reiche abermals eine alte, schon von den Nazis gebrauchte, Vorurteilsfigur neu.

Sie vermute, so erzählt sie der »FAZ«, »eine gut vernetzte, sich radikalisierende Gruppe« hinter der Aktion im Internet. Die Bedrohung durch das gesamte homosexuelle Kollektiv, sobald einer von ihnen nur seine Stimme erhebt, hatte auch schon Heinrich Himmler gefürchtet: »Sie finden keinen Homosexuellen irgendwo allein, sondern immer gleich 5 oder 6 im selben Amt oder Betrieb … Denn einer zieht den anderen nach.«

Das also ist der Geist, zu dem sich eine christdemokratische Politikerin zurücktreiben lässt, wenn sie die homosexuelle Gefahr heraufziehen sieht. Ihre Argumente folgen nicht mehr irgendeiner Vernunft, sondern nur noch dem Ressentiment im Affekt, sind dabei aber platziert in einer schauerlichen Tradition. Und hier liegt der nächste Skandal in der Angelegenheit Reiche: Sie darf es sagen, ohne dass sich öffentlich auch nur ein Bruchteil der Entrüstung zeigt, die in dem Moment losbrechen würde, wäre beispielsweise von Juden oder Schwarzen im gleichen Ton die Rede. Ist dieser Mangel an Gegenrede nichts weiter als das heimliche Einverständnis mit dem Vorurteil ? Oder sind Homosexuelle einfach nicht ernst zu nehmen?

Lesben und Schwule sind keine geschützte Gruppe hierzulande, man kann sie immer noch beleidigen, zutiefst verletzen und ihnen jeglichen Respekt absprechen. »Die Gesellschaft wird nicht von kleinen Gruppen zusammengehalten«, sagt Katherina Reiche noch, »sondern von der stabilen Mitte.« Wertlos sind Homosexuelle also auch hier. So deutlich hat es lange keiner mehr gesagt.

26. August 2012

Eine Woche nach meiner Rückkehr aus Spanien scheint es mir, als sei ich nie weg gewesen. Der Stress hat mich wieder, die Depression auch. Dabei war es so erstaunlich und ermutigend für mich, während meiner Zeit in Berlin und Maspalomas zu beobachten, wie es mir Tag für Tag ein bisschen besser ging.

Mein Hotel: Das Birdcage Resort

Mein Stammplatz

Mein Hotel, das Birdcage Resort, war ein Traum! Das Zimmer, der Service, die Hängematte unter Palmen, der Pool, in dem ich jeden Morgen und jeden Abend meine Runden schwamm, das erlesene Frühstück, der kleine Massage-Pavillon, der bildschöne Garten! Was für eine friedliche Oase inmitten der hässlichen, lauten Party- und Plattenbaustadt. Hier hätte ich es Wochen aushalten können. Die frühmorgendlichen Spaziergänge am Stand fehlen mir, sie waren so voller Ruhe. Außerdem liebe ich die wild heran brechenden Wellen des Atlantiks, die nicht zu vergleichen sind mit dem gemütlich dahinplätschernden Mittelmeer, das mich stets ein wenig langweilte. Am Anreisetag zeigte das Thermometer noch 48 Grad an, die folgenden Tage kühlte es bis auf 36 Grad herunter. Eisgekühlte Galiamelone mit Serranoschinken, Caprese und viel Zitronensaft ernährten mich, und nachdem mein Sonnenbrand sich etwas beruhigt hatte, genoss ich am vorletzten Tag meine erste richtige Massage.
     Das Dunas Festival war gut organisiert, Pierre Salducci und sein bezaubernder Gatte Pablo Cruz legten sich mächtig ins Zeug, damit alles wie am Schnürchen klappte. Ich lernte den kanadischen Filmemacher André Gaumond kennen, der in seiner 30jährigen Laufbahn als Regieassistent bereits für Werner Herzog und Tony Scott gearbeitet hatte und hier nun seinen preisgekrönten Erstling »Un fils« präsentierte. Ein sympathischer, schlauer Mann. Die eingeladenen Schriftsteller waren Stéphane Renaud, Frédéric Huet und Eric Brulin, der mir ein Exemplar seines Debütromans »Nos étreintes au goût de sel« signierte und mir während des Festivals am nächsten stand. Er und sein Freund Arnaud lachten viel und pflegten einen so herzlich-liebevollen Umgang miteinander, dass mir das Herz aufging. Die Aktivitäten im Rahmen des Festivals waren vielfältig; der Bootsausflug am 18. August gefiel mir mit Abstand am besten. Ich war lange schon nicht mehr so lange und ausdauernd geschwommen.

André Gaumond und André Schneider am ersten Abend

Stéphane Renaud, Eric Brulin, Pierre Salducci und Frédéric Huet
Die Welturaufführung von Le deuxième commencement mit »Un fils« als Vorfilm verspätete sich gut zwei Stunden, lief aber gut. Die Leute mochten unser Baby, der Applaus war frenetisch, und hinterher kamen die Zuschauer zahlreich auf mich zu, um mit mir darüber zu reden. Ein erhebendes Gefühl. Auch die Diskussion am folgenden Abend und das Interview fürs spanische Fernsehen liefen prima. Mittlerweile ist Le deuxième commencement auch für Chéries-Chéris im Oktober ausgewählt. Ja, ich fliege also wieder nach Paris. (Einige von Euch erinnern sich vielleicht, dass dort vor zwei Jahren Nos jours légers aufgeführt und euphorisch gefeiert wurde. Ich schrieb hier ausführlich darüber.) Chéries-Chéris ist immer ein besonderes Erlebnis. Ich freue mich, in Paris nicht nur Eric und Arnaud wieder zu sehen, sondern auch Hervé, Léonard, Martin, Philippe und all die anderen, wenn Laurent und ich unseren Film vorstellen. Kopien des Films sind schon nach Brüssel, Toulouse, Lyon und Belgrad abgeschickt, und Amos Lassen hat uns all seine Unterstützung für den festival run durch die USA zugesichert.

Und sonst? Kann ich nur sagen, dass ich kürzlich endlich angefangen habe, Sport zu treiben. Neben dem Schwimmen mache ich nun Krafttraining. Es tut gleichzeitig weh und gut. Wenn jetzt auch noch die Wohnungssuche Erfolg hat, steht einem guten Neuanfang nur noch wenig im Weg. Drückt mir die Daumen.
     Seid gegrüßt, herzt die Sonne.

André