Der gestrige Abend
Nach dem Abendessen (Lammbraten): »Dead Man Walking« (Regie: Tim Robbins), ein heißes Bad und geile Zweisamkeit. Angenehm versauter Sex. Was will man mehr? — Mal ganz unter uns: Findet Ihr es nicht auch zuckersüß, wenn man mit einem hübschen Mädchen im Auto sitzt? Man ist etwas schüchtern, möchte eigentlich knutschen oder rummachen, traut sich aber nicht richtig, und es endet damit, dass man viereinhalb Stunden redet. Zwischendurch beschlagen die Scheiben, irgendwann stellt man den Motor wieder an, dann wieder aus.
Dann ihr Satz: »Ich glaube, ich muss langsam, es wird schon hell.«
Du: »Ach jaaaa, stimmt, ich … müsste dann auch mal.«
Dann küsst man sich, man spielt Zunge-angelt-Zunge, und bevor man sich versieht, hat man ihr hübsches Köpfchen im Schritt. Es geht ja so schnell, dass man nicht einmal mehr Nein sagen kann! Und dann — wir Männer müssen ja immer zugucken, nicht? — wird man zu Vidal Sassoon, macht ihr die herzigsten Frisuren, streicht ihr das Haar zurück, damit man auch sieht, was sie da macht. (»Das da mit den Lippen … was du da mit den Lippen machst, ist gut.«) — Oralsex ist ja (zumindest mit Frauen) immer ein gewisses Risiko. Da steckt man sein empfindlichstes, am meisten geliebtes Körperteil in den Mund eines Wesens, das jahrhundertelang von Männern unterdrückt und diskriminiert wurde und Zähne hat! Auch nach fast acht Jahren Sex mit Frauen hab ich da immer noch ein mulmiges Gefühl. — Das Hirn schaltet sich an und ab: »Denkt sie jetzt, wir Männer würden nur an Sex denken? Hm, wir können ja darüber sprechen, wenn sie mit dem Blasen fertig ist.« Kurze Pause. »Oh ja, das mit den Fingern an den Eiern ist gut, das merk ich mir.« — Und dann, irgendwann, und das finde ich eines der süßesten, bezauberndsten Dinge auf dieser Welt, sagt sie: »So, ich muss dann wirklich gehen.« Sie tastet an der Tür herum, findet den Türgriff nicht. »Oh, wo ist denn der Türgriff. Diese Autos… immer woanders, nicht? Do I have to wish myself out?« Ich schreite da auch nicht ein und helfe ihr, ich gucke sie nur an und gebe mich dem Zauber hin. Frauen, Ihr seid so süß in diesem Türgriff-Moment!
»Fay Grim« (Regie: Hal Hartley) war ein außerordentliches Filmereignis. Seit 1992, 1993 hat Hartley keinen Film von dieser Qualität mehr gedreht. Er hatte den für ihn so typischen schrägen Humor, gewitzte, kluge Dialoge und eine liebenswerte, toughe Parker Posey in der Hauptrolle. Das ganze Ensemble war gut. Elina Löwensohn hat mir wieder einmal den Atem geraubt. Gedreht wurde fast ausschließlich in Berlin, obwohl »Fay Grim« in New York, Paris und Istanbul spielt. Das gibt dem Film einen merkwürdigen Unterton. In den letzten 20 Minuten wird er zu einem handfesten Thriller — und zu einer tragischen Liebesgeschichte, was nach ca. 100 Minuten voller Lacher und Kopfschütteln angesichts der skurrilen Dialoge wie ein Hammer einschlägt. Das Publikum blieb sichtlich betroffen zurück. Doch, ich war sehr positiv überrascht. Super, dass Hartley nach Berlin gezogen ist, es tut seinen Filmen gut. Gedreht wurde übrigens auf einer Sony HDW-F900. Wieder ein Hinweis darauf, das die Zukunft des Films digital ist.
Diät-Notiz, Tag 6: Ach was, ich scheiß drauf! Das Abendessen war so verdammt lecker! Alles zusammen dürfte nicht mehr als 2229 kJ/530 kcal gehabt haben, wenn das Rezept die Wahrheit gesagt hat.
CD des Tages: Sondre Lerche and the Faces Down Quartet: »Duper Sessions«.
Film des Tages: Danger: Diabolik.
Buch des Tages: Frank McCourt: »Tag und Nacht und auch im Sommer«.