Filmtipp #85 bis #90: Die besten Disney-Zeichentrickfilme (Der 250. Beitrag)

Meine ersten Kinobesuche waren untrennbar mit Weihnachten und Walt Disney verknüpft. Einmal im Jahr, um die Weihnachtszeit, ging mein Vater mit mir in ein kleines Kino in Hildesheim, das sich in der Fußgängerzone direkt gegenüber von Horten befand. Das Kino gibt es schon lange nicht mehr, und Horten änderte seinen Namen. Ich erinnere mich an langes Stapfen durch den Schnee an der Hand meines Papas, und daran, dass Disneys »Schneewittchen« (1937) mein erstes Filmerlebnis war. Da ich Märchen über alles liebte, trafen die Disney-Filme natürlich meinen kindlichen Nerv. (Wessen trafen sie nicht?) Natürlich hatten wir Videos vom »Dschungelbuch«, von »Cap und Capper« und von »Robin Hood«; später sahen wir »Basil, der große Mäusedetektiv«, »Arielle, die Meerjungfrau« und »Der König der Löwen« im Kino. Da war ich aber dann schon etwas älter. Als ich sechs oder sieben war, wollte ich in besagtem Kino in der Hildesheimer Fußgängerzone unbedingt den »Labyrinth«-Film mit David Bowie sehen — und durfte nicht.
     Der heutige Eintrag ist der 250. — also quasi wieder ein Anlass zum Feiern —, und ich nehme das zum Anlass, Euch kurz vor Weihnachten meine sechs liebsten Disneys vorzustellen. Die Auswahl fiel mir nicht leicht, und ich werde sicher noch einmal sechs weitere präsentieren müssen. Aber hier sind erst einmal die ersten sechs in chronologischer Reihenfolge. All diese Filme sind in Deutschland ohne Altersbeschränkung freigegeben und auf DVD oder BluRay erhältlich. Zu Weihnachten kann man damit absolut nichts falsch machen!

The Jungle Book

#85: Das Dschungelbuch
The Jungle Book (1967)
Regie: Wolfgang Reitherman
Stimmen: Edgar Ott, Joachim Cadenbach, Klaus Havenstein u. a.

»The Jungle Book« war der letzte Zeichentrickfilm, bei dem der 1966 verstorbene Walt Disney höchstpersönlich die Supervision übernahm. Ein Aufwand sondergleichen: Rund 250 Menschen arbeiteten drei Jahre an der Realisierung des aus ca. 320.000 Einzelzeichnungen bestehenden Streifens, der verdientermaßen längst zu den großen Klassikern aus dem Hause Disney gehört. Einen Oscar gab es für die glänzende Filmmusik. In Deutschland flimmerte der hervorragend übersetzte Film mit großem Werbeaufwand 1968 und 1987 über die Leinwände — mit überragendem Erfolg: Hierzulande wurde »Das Dschungelbuch« von sechs Millionen Zuschauern gesehen. Der Ohrwurm »Bare Necessities« (»Probier’s mal mit Gemütlichkeit…«) schaffte es seinerzeit sogar in die Charts. (Inzwischen gibt es von dem Song u. a. eine wunderbar jazzige Version von Till Brönner.)
     Erzählt wird die Geschichte des Knaben Mowgli, der die Sprache der Tiere versteht und, von Wölfen großgezogen, im Urwald lebt. Der böse Tiger Shir Khan hat es auf den Menschenjungen abgesehen, deshalb versuchen seine Freunde, der unbekümmerte Bär Balu und der Panther Baghira, ihn zu den Menschen in Sicherheit zu bringen. Hierbei hat der kleine Dschungel-Held so manches Abenteuer zu bestehen und trifft einige drollige Gestalten wie beispielsweise die hypnotisierende Schlange Kaa, den swingenden Affenkönig King Louie und eine ganze Horde im Gleichschritt marschierender Elefanten. Am etwas kitschig geratenen Ende steht eine alte Geschichte: Junge trifft Mädchen. Mowgli, frisch verliebt, folgt seiner Flamme in ihr Dorf und lebt fortan glücklich dort, wo er hingehört: unter Menschen.

Aristocats

#86: Aristocats
The Aristocats (1970)
Regie: Wolfgang Reitherman
Stimmen: Brigitte Grothum, Edgar Ott, Steffen Müller u. a.

»Katzen brauchen, Katzen brauchen, Katzen brauchen furchtbar viel Musik…«
     Walt Disney hatte noch selbst an der Konzeption von »The Aristocats« mitgewirkt. Der Film verschlang über vier Jahre Vorbereitungszeit und kostete vier Millionen Dollar. Das Endergebnis ist eine amüsante Mischung aus guter Tricktechnik, witzig-fetzigen Songs und hervorragenden Stimmen-Interpretationen. (In der englischen Fassung stechen Eva Gabor und Phil Harris, in der deutschen der unverwüstliche Edgar Ott hervor.) Maurice Chevalier kehrte eigens aus dem Ruhestand zurück, um das Titellied des 20. Disney-Spielfilms zu singen.
     Paris im Frühling: Die bezaubernde Katzendame Duchesse und ihre drei Kinderchen sind durch das Testament ihres reichen Frauchens in Not geraten, denn der geldgierige, missgünstige Butler Edgar hat die Miezekätzchen betäubt und raus aufs Land verfrachtet, um an das ihnen zugedachte Erbe zu kommen. Während das reiche Frauchen in Paris vor Sorge fast umkommt, suchen ihre geliebten Katzen ihren Weg nach Hause. Ihnen behilflich ist ein charmanter Straßenkater namens O’Malley, der sich (natürlich) auf den ersten Blick in Duchesse verliebt hat…

Robin Hood

#87: Robin Hood
Robin Hood (1973)
Regie: Wolfgang Reitherman
Stimmen: Peter Ustinov, Reinhard Mey, Edgar Ott u. a.

Der deutschstämmige Regisseur Wolfgang Reitherman arbeitete schon 1933 in den Disney-Studios und gehörte schon bald zu Disneys legendärer Zeichner-Garde, den so genannten »neun alten Männern«. Seinen unaufhaltsamen Aufstieg vom Phasenzeichner über die Funktion eines Assistenten und Co-Regisseurs bis zum Regisseur krönte Reitherman 1974 mit einer Oscarnominierung, die er für seinen Kurzfilm »Winnie the Pooh and Tigger Too« erhielt. Reitherman galt als Garant dafür, dass auch nach Disneys Tod die grundsätzliche Linie des Studios weiterverfolgt wurde.
     Allein schon Peter Ustinov, der es sich nicht nehmen ließ, seine Figur in mehreren Sprachen zu synchronisieren, macht die konventionell-unterhaltsame Adaption der »Robin Hood«-Geschichte unvergesslich. Robin Hood ist hier ein schlauer Fuchs, der zusammen mit seiner Räuberbande versucht, der Herrschaft des raffgierigen Unterdrückers Sir John ein Ende zu machen — und Reinhard Mey singt dazu.

The Rescuers

#88: Bernard und Bianca — Die Mäusepolizei
The Rescuers (1977)
Regie: Wolfgang Reitherman, John Lounsbery, Art Stevens
Stimmen: Harald Juhnke, Beate Hasenau, Gisela Fritsch u. a.

Einer der geilsten Disney-Filme mit einer herrlich überkandidelten Bösewichtin (»Du findest jetzt diesen Diamanten, oder du siehst deinen Teddybären nie wieder!«). Das war immer ein gutes Konzept: die männlichen Bösewichte (wie Edgar in »Aristocats«) waren einfach nur böse, die Frauen waren immer »mehr«: over the top, hysterisch, manisch, verrückt, einfach klasse! Cruella DeVil in »101 Dalmatiner«, die üppige Meerhexe Ursula in »Arielle, die Meerjungfrau« und Madame Medusa in »Bernard und Bianca« — in der deutschen Fassung immer von Beate Hasenau gesprochen. Keine (außer später Elke Sommer, aber dazu kommen wir noch) konnte ihr das Wasser reichen. (Obwohl Geraldine Page in der Originalfassung auch hörbaren Spaß an der Sache hatte.)
     Es geht um eine resolute Mäusedame und ihren gemütlicheren und weit weniger mutigen Begleiter. Beide sollen im Auftrag einer Art Mäuse-UNO das Waisenkind Penny aus den Klauen der bösen Madame Medusa retten. Die will mit Pennys Hilfe in den Besitz eines riesigen Diamanten gelangen — ein Vorhaben, das die beiden Mäuse-Delegierten zu verhindern wissen.
Wie in praktisch jedem Disney-Film gibt es auch hier zahlreiche herrlich verschrobene Nebenfiguren: Medusas vertrottelter Komplize Snoobs, die beiden Orgel spielenden Krokodile Nero und Brutus, das arme, gehetzte Libellchen und diverse andere Sumpfbewohner, die Bianca, Bernard und der kleinen Penny helfen.
     Zwei Millionen Kinobesucher allein in Deutschland, ein weltweites Einspielergebnis von über 110 Millionen Dollar und regelmäßige Wiederaufführungen bescherten »The Rescuers« einen Platz unter den fünf erfolgreichsten Disney-Produktionen. 13 Jahre später wurde eine Fortsetzung in Angriff genommen, »The Rescuers Down Under« (Regie: Hendel Butoy & Mike Gabriel).

Mickey's Christmas Carol

#89: Mickeys Weihnachtsgeschichte
Mickey’s Christmas Carol (1983)
Regie: Burny Mattinson

Unter den unzählbaren mehr oder weniger liebevollen Adaptionen von Charles Dickens’ Weihnachtsgeschichte ist dies die schönste und kurzweiligste: Scrooge (gespielt von Onkel Dagobert) ist ein habgieriger, hartherziger Geizhals, der nicht wahrhaben will, dass Weihnachten eine Zeit der Güte und Großzügigkeit ist. Er macht seinem Angestellten (Micky Maus) und seinem Neffen Fred (Donald Duck) das Leben schwer und wird erst durch die Besuche von drei Geistern von der wahren Bedeutung des Weihnachtsfestes überzeugt.

Emperor's New Groove

#90: Ein Königreich für ein Lama
The Emperor’s New Groove (2000)
Regie: Mark Dindal
Stimmen: Michael Bully Herbig, Elke Sommer, Reinhard Brock u. a.

Eartha Kitt als Yzma war schon klasse, Elke Sommers deutsche Synchronisation muss man schon genial nennen. Sie steht Beate Hasenaus brillant-bösen Interpretationen um nichts nach.
     Kusco, ein junger, schwer eingebildeter Inka-König, lebt in Saus und Braus in seinem Palast. Seine Beraterin Yzma wäre nur zu gern an seiner Stelle. Als Kusco es sich mit ihr verscherzt, plant sie, ihn zu beseitigen und selbst auf den Thron zu steigen. Durch die Schusseligkeit ihres Gehilfen Kronk wird Kusco allerdings nur in ein sprechendes Lama verwandelt und findet sich im Urwald wieder. Gemeinsam mit dem gutherzigen Bauern Patcha versucht er, sein altes Leben zurück zu erlangen — und lernt ganz nebenbei Dinge wie Freundschaft, Hilfsbereitschaft und Güte kennen.
     Ein schriller Film, der auch und vor allem den Erwachsenen Spaß macht. Oh, ganz nebenbei: »Ein Königreich für ein Lama« war der erste Disney-Film, in dem das Adjektiv »geil« gebraucht wurde.

Mit diesen sechs Filmtipps wünsche ich Euch nun ein besinnlich-spaßiges Weihnachtsfest und alles nur erdenklich Liebe und Gute für die schönste Zeit des Jahres. Wer Lust hat, lese doch mal meinen 100. Beitrag (hier). Und die anderen Filmtipps sind ebenfalls immer mal wieder lesenswert.
     Seid weihnachtlich gegrüßt!

André Schneider