Filmtipp #605: Der Agentenschreck

Der Agentenschreck

Originaltitel: Artists and Models; Regie: Frank Tashlin; Drehbuch: Herbert Baker, Hal Kanter, Frank Tashlin; Kamera: Daniel L. Fapp; Musik: Harry Warren, Jack Brooks, Walter Scharf; Darsteller: Dean Martin, Jerry Lewis, Shirley MacLaine, Dorothy Malone, Eddie Mayehoff. USA 1955.

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»Artists and Models« war die erste von insgesamt acht Komödien, die Jerry Lewis bis 1964 unter der einfalls- und temporeichen Regie des ehemaligen Comic-Zeichners Frank Tashlin drehte. Lewis’ alberner Slapstick passte hervorragend zu den schrillen Satiren Tashlins, in denen ganz Amerika aussah wie eine bunte, verzerrte Comic-Welt: »Tashlins Terrain war der Medienbetrieb von Werbung, Fernsehen, Film und Showbiz: Indem er sich diese ›Plastikarena‹ der Klischees und Stereotypen munter zu eigen macht und listig parodiert, nimmt er bereits die pop art vorweg.« (Annalee Newitz)

Auf einem Bühnenstück von Norman Lessing und Michael Davidson basierend, ist »Artists and Models« ein Vexierspiel der chaotischsten Sorte, ein geradezu schwindelerregend selbstreflexives Spiel mit der Filmillusion. Eugene Fullstack (Lewis) und der erfolglose Künstler Rick Todd (Martin) teilen sich ein Apartment. Von chronischer Geldnot gebeutelt, nehmen die beiden jeden noch so schäbigen Job an. Eugene ist ein leidenschaftlicher Comic-Fan und redet im Schlaf. Rick zeichnet die bunten Träume seines Freundes auf und verscherbelt sie an einen Verleger. Als Eugene eines Nachts von einer militärischen Geheimformel träumt, welche dann von Ricks Verleger veröffentlicht wird, haben die beiden nicht nur die US Army, sondern auch eine sowjetische Geheimagentin (Eva Gabor) an der Backe. So mischen sich in der zweiten Filmhälfte die Genres, und »Artists and Models« verbindet Musical, Satire, Romanze und Agentenfilm miteinander. Lewis und Martin bekommen zwei denkbar aufregende Frauen zur Seite gestellt: Dorothy Malone, die eine erotische Graphikerin namens Abby Parker verkörpert, und Shirley MacLaine (in ihrer zweiten Filmrolle) als die liebenswert-burschikose und etwas konfuse Bessie Sparrowbrush. Wenn die Paare sich finden, gerät der Streifen zu einer fast burlesken Chaosnummer, in welcher Tashlin nicht mit knalligen Seitenhieben auf den American Way of Life, den Dollarkult und etliche andere US-Heiligtümer geizt. Dean Martin schmalzt einige seiner immergrünen Standards; »That’s Amore« und »Innamorata« wurden Riesenhits. (»Innamorata« wird im Film zusätzlich noch von MacLaine in einer aberwitzigen Comedy-Fassung geschmettert.)

In der BRD startete »Artists and Models« zunächst unter dem Titel »Maler und Mädchen«. Anita Ekberg, die ein Jahr später von Produzent Hal Wallis in »Hollywood or Bust« (Regie: Frank Tashlin) groß herausgestellt wurde, ist kurz als Model zu sehen. In weiteren Nebenrollen sind George Winslow, Sharon Baird, Kathleen Freeman und Georgia Holt (die Mutter von Cher, seinerzeit ein gefragtes Model) mit von der Partie. Der Streifen ist übrigens ein Remake: 1937 hatten Jack Benny und Ida Lupino in der gleichnamigen Verfilmung von Raoul Walsh die Hauptrollen gespielt.

André Schneider