Filmtipp #458: Bei Madame Coco

Bei Madame Coco

Originaltitel: The Art of Love; Regie: Norman Jewison; Drehbuch: Carl Reiner; Kamera: Russell Metty; Musik: Cy Coleman; Darsteller: James Garner, Dick Van Dyke, Elke Sommer, Angie Dickinson, Ethel Merman. USA 1965.

the art of love poster

Erfolglose(r) amerikanische(r) Künstler in Paris — ein altes Thema, das trotzdem immergrün und frisch bleibt. In »The Art of Love« sind es gleich zwei: Paul Sloane (Van Dyke) ist Maler, sein bester Kumpel Casey Barnett (Garner) ist Autor. Die beiden hausen in der Stadt der Liebe und suchen Inspiration und Erfolg. Beides will sich nicht so recht einstellen, und so überlegt Paul, die Flinte ins Korn zu werfen und zu seiner Braut Laurie (Dickinson) in die Staaten zurückzukehren. Als er das Mädchen Nikki (Sommer) hilflos in der Seine treiben sieht, springt er ihr hinterher, um sie zu retten — und gilt wenig später als ertrunken: Selbstmord. Der verdutzte Paul erfährt von seinem Ableben erst aus der Zeitung, und noch bevor der vermeintlich Tote das Missverständnis aufklären kann, hat sich der geschäftstüchtige Casey die Todesmeldung schon zunutze gemacht und alle Bilder des jüngst verstorbenen Genies verkauft. Um weiterhin davon zu profitieren, dass die Werke verblichener Künstler begehrter sind als die von lebenden, soll sich Paul noch ein Weilchen bei Madame Coco (Merman), einer feisten Bordell-Chefin, versteckt halten. Casey umgarnt indes die aus Amerika angereiste Laurie…

Die höchst amüsante und schrill überdrehte Komödie zeigt uns einen James Garner, wie wir ihn selten zu Gesicht bekommen: zwielichtig, durchtrieben, unsympathisch. Die eigentliche Hauptfigur ist Dick Van Dyke, der glänzend aufspielt. Überhaupt schlägt sich die Besetzung gut, doch der Film ist so vollgepackt mit Verrücktheiten, dass der Zuschauer es schwer hat, den Überblick zu behalten und mitzukommen. Das Ende mit der Guillotine wurde anno 1965 als zu makaber moniert; besonders die deutsche Kritik schimpfte ekstatisch. Das Drehbuch schrieb der ehemalige Stand-up Comedian und spätere Filmregisseur Carl Reiner nach einer Story von Richard Alan Simmons und William Sackheim und war auch in einer größeren Nebenrolle mit von der Partie. Norman Jewison (Moonstruck) inszenierte das Lustspiel in derselben leichten Manier wie seine kurz zuvor entstandenen Doris Day-Komödien und nahm deutliche Anleihen bei Blake Edwards (»A Shot in the Dark«, 1964) und Billy Wilder (»Irma la Douce«, 1963).
Don Cincone lieferte die im Film verwendeten Gemälde. Dem Film war seinerzeit kein allzu großer Erfolg beschieden — was Norman Jewison in seiner Autobiographie auf das Drehbuch zurückführte, das die These aufstellte, dass der Tod eines Künstlers den Wert seiner Werke automatisch in die Höhe schnellen ließe, was in der Realität natürlich Quatsch ist.
Die farbenfrohe Russ Hunter-Produktion entstand komplett auf dem Universal-Studiogelände — in exakt denselben Kulissen, in denen kurz zuvor Wild and Wonderful gedreht worden war. Pierre Olaf war in beiden Filmen mit von der Partie. Die Rolle der Madame Coco sollte zunächst an Mae West gehen. Die allerdings wollte ihre eigenen Dialoge schreiben, was die Produzenten schlichtweg ablehnten. So kam das Broadway-Urgestein Ethel Merman an die saftige Rolle.

André Schneider

Artwork von Ingo Teichmann.

Artwork von Ingo Teichmann.