Filmtipp #772: Versuch’s doch mal mit meiner Frau

Versuch’s doch mal mit meiner Frau

Originaltitel: Luv; Regie: Clive Donner; Drehbuch: Elliott Baker; Kamera: Ernest Laszlo; Musik: Gerry Mulligan; Darsteller: Jack Lemmon, Peter Falk, Elaine May, Nina Wayne, Eddie Mayehoff. USA 1967.

Luv

Clive Donner war wirklich kein guter Regisseur. In den vergangenen Wochen sah ich einige seiner Werke — »Charlie Chan and the Curse of the Dragon Queen« (1981), »Old Dracula« (1974, mit David Niven), »Here We Go Round the Mulberry Bush« (1968) und »Luv« —, die mich allesamt unbeeindruckt ließen. Die einzige Ausnahme bildete »The Caretaker« (1963), aber der hatte Harold Pinter als Autor, Nicolas Roeg als Kameramann sowie Alan Bates, Donald Pleasence und Robert Shaw in den Hauptrollen zu bieten. Nach seinem größten Erfolg mit What’s New, Pussycat? folgte Donner dem Ruf Amerikas, um die Adaption eines Erfolgsstücks à la Neil Simon zu übernehmen. Unter der Regie von Mike Nichols und mit einer grandiosen Besetzung (Alan Arkin, Eli Wallach und Anne Jackson) hatte »Luv« Ende 1964 den Broadway im Sturm erobert (901 Vorstellungen!) und drei Tonys gewonnen. (Später ersetzten Barbara Bel Geddes, Gene Wilder und Larry Blyden die drei Hauptdarsteller, die sich nach anderthalb Jahren Spielzeit neue Aufgaben gesucht hatten.)
Um’s gleich vorweg zu nehmen: Clive Donners Verfilmung, welche das Stück um einige Handlungsorte und Figuren erweiterte (u. a. spielt der junge Harrison Ford einen Hippie), geriet zum Fiasko. Die Kritiker monierten die eklatante Fehlbesetzung der drei Hauptrollen — einzig Peter Falk kam mit einem blauen Auge davon — und Donners schwerfällige Inszenierung, die aus dem Lustspiel ein Trauerspiel gemacht hatte.

Zu Beginn des Films sehen wir Jack Lemmon als Loser Harry Berlin, der sich von der Manhattan Bridge stürzen will, als zufällig sein alter Kumpel Milt (Falk) des Weges kommt und ihn davon abhält — allerdings nicht aus Nächstenliebe, wie sich bald herausstellt: Milt will seine Geliebte (Wayne) heiraten und versucht alles, um Harry seine schräge Gattin (May) schmackhaft zu machen.

Ab August 1966 vor Ort in New York gedreht, schien »Luv« ein Garant für volle Kassen zu werden. Man sieht dem Film an, dass sich alle Beteiligten ein bisschen zu sicher waren. Das Ausgangsmaterial von Martin Schisgal sprühte vor Witz und Esprit, das von Donner und Drehbuchautor Elliott Baker überarbeitete Filmskript dann weniger. Es war keine gute Idee, das Stück »zu öffnen«, und trotz zahlloser Außenaufnahmen wirkt »Luv« wie ein lustlos abgefilmtes Theaterstück. Dass ich ihn mir dennoch gerne angeschaut habe, ist der quirligen Elaine May zu verdanken, die hier in einer ihrer raren Filmrollen zu sehen ist. Gemeinsam mit Mike Nichols hatte die Schauspielerin und Autorin eines der berühmtesten Comedy-Duos der späten 1950er gebildet, bevor sie sich in den Sechzigern vermehrt dem Fernsehen zuwandte. Als Regisseurin war das Ausnahmetalent ab 1971 aktiv — ihr letzter Regieauftrag wurde »Ishtar« (1987), der als kostspieliger Flop in die Annalen der Filmgeschichte einging —, und als Drehbuchautorin und Skriptdoktorin half sie bei Erfolgsfilmen wie »Heaven Can Wait« (Regie: Warren Beatty, Buck Henry), »Tootsie« (Regie: Sydney Pollack), »The Birdcage« (Regie: Mike Nichols) und »Primary Colors« (Regie: Mike Nichols). In den vergangenen Jahren zog es May wieder auf die Bühne: 2019 erhielt die damals 87jährige einen Tony Award für »The Waverly Gallery«. Nach drei Ehen war sie ab 1999 bis zu seinem Tod mit Stanley Donen liiert.

André Schneider

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