Filmtipp #693: Mit dem Kopf durch die Wand

Mit dem Kopf durch die Wand

Originaltitel: Bachelor of Hearts; Regie: Wolf Rilla; Drehbuch: Leslie Bricusse, Frederic Raphael; Kamera: Geoffrey Unsworth; Musik: Hubert Clifford; Darsteller: Hardy Krüger [Hardy Kruger], Sylvia Syms, Ronald Lewis, Eric Barker, Miles Malleson. GB 1958.

Nachdem er sich in der BRD durch etliche Krimis, Schnulzen und Heimatfilme gespielt hatte, gelang Hardy Krüger 1957 mit der Hauptrolle in dem sehr erfolgreichen Kriegsdrama »The One That Got Away« (Regie: Roy Ward Baker) der Sprung ins Ausland. Er ließ sich in London nieder und drehte in rascher Folge zwei weitere Filme, mit denen die englischen Produzenten ihn als Star zu etablieren gedachten: Der erste war der romantische Krimi »Blind Date« (Regie: Joseph Losey, mit Micheline Presle), der zweite war »Bachelor of Hearts«, die obligatorische Liebeskomödie, wie sie jeder leading man auf seinem Weg nach oben (mindestens) einmal zu spielen hat. Es ist ein Streifen von bewundernswerter Leichtigkeit. Man fühlt sich an die »Doctor«-Filme mit Dirk Bogarde erinnert, an die betuliche Atmosphäre von The Ladykillers oder auch »The Importance of Being Earnest« (Regie: Anthony Asquith); es sind die intensiven Farben (Eastmancolor), die an die Werke von Basil Dearden oder Michael Powell erinnern, und es sind die Charakterdarsteller wie Miles Malleson, Ronald Lewis, Jeremy Burnham oder Charles Kay, die uns unzählige englische Filme und TV-Serien verschönert haben. Der Humor ist schon sehr auf dem Level der »Carry On…«-Reihe, die zwischen 1958 und 1978 entstand und sage und schreibe 30 Filme umfasste.

Zur Handlung gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Krüger mimt mit Charme und Verve den deutschen Austauschstudenten Wolf Hauser, den es nach Cambridge verschlägt, um an der dortigen Elite-Uni Mathematik zu studieren. Schon bei seiner Ankunft beleidigt er versehentlich seinen Dekan (Eric Barker). Damit nicht genug, gerät er zudem mit Hugo (Lewis), seinem Nachbarn im Studentenwohnheim, aneinander, der auch noch der Präsident der Studentenvereinigung ist. Wolf merkt, dass ihm die englischen Umgangsformen und Gebräuche doch ziemlich fremd sind. Glücklicherweise erklärt sich die hübsche Studentin Ann (Syms) bereit, dem Deutschen seinen Einstieg in Cambridge zu erleichtern. Es entspinnt sich ganz zaghaft eine leise Romanze, die jedoch von den Streichen Hugos und seiner Studentenvereinigung immer wieder unterbrochen wird. Zusätzliche Komplikationen ergeben sich, als der Maiball naht und die Jungs von der Vereinigung Wolf um einen folgenschweren Gefallen bitten…

Vor Ort auf dem Universitätsgelände in Cambridge gedreht, gelangen Geoffrey Unsworth so schöne Außenaufnahmen, dass man sich zeitweise an einen Werbefilm der Tourismusbranche erinnert fühlt. Es lohnt sich, einen Blick auf die vielen, vielen Nebendarstellerinnen und -darsteller zu werfen. Da findet man nämlich unter anderem John Richardson und Barbara Steele, die beide kurz darauf in Italien unter der Regie Mario Bavas zu Stars werden sollten.
»Bachelor of Hearts« startete in der Vorweihnachtszeit 1958 praktisch zeitgleich in den britischen und westdeutschen Kinos und erwies sich als kommerziell solider Erfolg, während ihm das Feuilleton kaum Beachtung schenkte. Im Laufe der Dekaden fiel die amüsante Komödie dem allgemeinen Vergessen anheim. Das charmante Späßchen wurde als »banaler Ulkfilm« abgetan und findet sich in kaum einem Filmlexikon wieder. Besonders unglücklich über den Streifen zeigte sich noch Jahrzehnte später der Drehbuchautor Frederic Raphael. Er hatte mit seinem Kommilitonen Leslie Bricusse, mit dem er an der University of Cambridge studiert hatte, das Skript als eine Hommage an ihre Alma Mater konzipiert und waren von dem Produzenten Vivian Cox (ja, ein Mann! Seine Vita ist ausgesprochen wendungsreich und interessant!!) dazu verdonnert worden, es als Vehikel für Hardy Krüger umzuschreiben. (Im Originalentwurf hatte es keinen deutschen Austauschstudenten gegeben.) Raphael fand, das diese Umgestaltungen das Projekt ruinierten und negierte in späteren Interviews die Existenz des Films und behauptete, der fast sechs Jahre später entstandene Nothing But the Best sei sein erstes Drehbuch gewesen.

André Schneider