Filmtipp #860 & #861: Das schwarze Monokel & Party mit zwölf Pistolen

Das schwarze Monokel

Originaltitel: Le monocle noir; Regie: Georges Lautner; Drehbuch: Pierre Laroche, Jacques Robert; Kamera: Maurice Fellous; Musik: Jean Yatove; Darsteller: Paul Meurisse, Elga Andersen, Bernard Blier, Pierre Blanchar, Jacques Marin. Frankreich 1961.

le monocle noir

Georges Lautners fünfter Spielfilm, »Le monocle noir«, wurde sein erster größerer Erfolg und zog zwei Fortsetzungen nach sich. Sein Star Paul Meurisse legte die Rolle des Théobald Dromard, Spitzname: Le Monocle, mit einer tänzerischen Possierlichkeit an, welche dem Geschehen eine Leichtigkeit verleiht, die ungeheuren Spaß macht. In dem an einen Ed Wood-Film erinnernden Prolog fordert Bernard Blier (der hier auch als Regieassistent fungierte) die Zuschauer auf, das Ganze ein wenig locker zu sehen, und der jazzig-swingende Soundtrack von Jean Yatove (der leider nirgendwo als Tonträger zu finden ist) erledigt den Rest.

Und das passiert: Irgendwo in der Bretagne schlagen zwei Männer einen dritten Mann bewusstlos und legen seine Leiche in ein Auto, welches am nächsten Morgen von der Polizei aus dem Wasser gefischt wird. Das Verbrechen ereignete sich in der Nähe eines Schlosses, welches tagsüber für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Der Konservator des Schlosses, Hubert Mérignac (Albert Rémy), lernt die deutsche Architekturstudentin Erika Murger (Andersen) kennen, und zwischen ihnen scheinen gegenseitige Gefühle zu entstehen. Ein mysteriöser blinder Mann mit einem schwarzen Monokel (Meurisse) hält sich ebenfalls im Schloss auf.
Mérignac, Erika und Le Monocle besuchen eines Abends den Marquis de Villemaur (Blanchar), der zu seinem Geburtstag ein Abendessen mit weiteren Gästen veranstaltet: Heinrich von March (Gérard Buhr), Mathias Fischer (Lutz Gabor), Raymond (Raymond Meunier) und Jean (Raoul Saint-Yves). Als Mérignac und Erika im Garten spazieren gehen, verwandelt sich die Party in ein Geheimtreffen einer Neonazi-Gruppierung, welche vom Marquis angeführt wird. Dieser stellt der Gruppe ein neues Mitglied vor: Brozzi (Nico Pepe) ist ein Neofaschist aus Italien. Wir erfahren, dass die beiden Mörder aus der Anfangsszene Handlanger des Marquis waren und ihr Opfer ein französischer Agent.
Nach dem Treffen warnt von March den Marquis, dass sich ein Verräter unter ihnen befindet. Es handelt sich um Matthias Fischer. Der junge Mann ist in Wirklichkeit ein russischer Agent (und mit der Tochter des Marquis verlobt, aber das nur am Rande). Er versucht zu fliehen. Es kommt zu einer rasant inszenierten Verfolgungsjagd. Mérignacs Sekretärin, Monique Abadie (Catherine Sola), hilft ihm bei der Flucht. Bei der Flucht wird Matthias von einer Kugel getroffen und stürzt in einen Fluss, während Monique vor Wohnungstüre Mérignacs erstochen wird.
Zurück im Schloss stellt sich heraus, dass Le Monocle ein Agent namens Dromard ist, der mit Hilfe seines Assistenten Trochu (Marin) die Machenschaften des Marquis untersucht. Seine angebliche Blindheit ist eine Täuschung. Dromard lässt Mérignac vom ermittelnden Kommissar Tournemire (Blier) fälschlicherweise wegen des Mordes an Monique festnehmen. Diese Denunziation dient allerdings lediglich dazu, die Polizei vom Schloss fernzuhalten, damit Le Monocle seine Undercover-Mission ungestört fortsetzen kann.
Erika erweist sich ebenfalls als Spionin: Zwischen ihr und Dromard besteht eine gewisse Rivalität, da beide ihre eigenen Ermittlungen mit demselben Ziel durchführen. Erika ist auf der Suche nach einem ehemaligen Nazi, der offenbar vom Marquis im Schloss versteckt wird und noch nicht gesichtet wurde. Dromard hält die Ermittlungen für zu gefährlich für die junge Frau und sperrt sie in einem Zimmer seiner Wohnung ein. Als Le Monocle und Trochu die unterirdischen Gänge des Schlosses des Marquis inspizieren, werden die beiden Männer enttarnt und Trochu wird von den Nazis gefangen genommen. Langsam wird die Sache brenzlig…

Lautner machte keinen Hehl daraus, dass ihm der Roman von Colonel Rémy nicht gefiel. Er hielt ihn für zu ernst und zu gewalttätig. Er stimmte der Zusammenarbeit nur zu, um überhaupt arbeiten zu können, umging dann aber die Forderungen der Produzenten und milderte die düsteren Seiten des Romans stark ab, indem er den Film in eine Krimikomödie verwandelte. »Le monocle noir« wurde im Schloss Josselin im Departement Morbihan gedreht.

Party mit zwölf Pistolen

Originaltitel: L’Œil du monocle; Regie: Georges Lautner; Drehbuch: Georges Lautner, Jacques Robert, Gilbert Renault [Colonel Rémy]; Kamera: Maurice Fellous; Musik: Jean Yatove; Darsteller: Paul Meurisse, Elga Andersen, Gaia Germani, Robert Dalban, Maurice Biraud. Frankreich 1962.

l'oeil du monocle

Wir schreiben das Jahr 1962. Der britische und der sowjetische Geheimdienst setzen ihre Spione auf den ehemaligen deutschen SS-Mann Hektor Schlumpf (Paul Mercey) an, der eine Ladung Archivmaterial und Gold bergen will, die seit 1943 vor der Küste Korsikas versenkt ist. Schlumpf wird jedoch bereits von den französischen Diensten, vertreten durch Kommandant Dromard, im Austausch für kompromittierende Papiere für die alliierten Nationen während des Krieges geschützt.
Dennoch wird Schlumpf von Dromard getötet. Die Russen und Briten finden jedoch schnell heraus, dass es sich um ein Ablenkungsmanöver handelt. Dromard trifft Schlumpf an einem Abend des 14. Juli in einer Bar wieder, während Poussin (Dalban), der ihn decken sollte, niedergeschlagen wird. Während des Feuerwerks kommt es zu einer Schießerei. Schlumpf flieht und wird verletzt. Dromard findet seine (Blut-)Spur bei dem Künstler und Plastiker Martigue (Biraud), in dessen Haus er auf Anweisung einer mysteriösen Brünetten namens Diana (Germani) an seinem Fenster eingebrochen ist. Dromard schlägt Martigue nieder, klettert durch die Falltür, wo er das Blut gesehen hat, nach unten und findet Schlumpf im Keller — erstochen. Er geht wieder nach oben und wird von Unbekannten angegriffen, die er erschießt. Er verlässt das Atelier und wird von einem Auto verfolgt, das ihn überfahren will. Er weicht aus, Poussin taucht auf und erschießt den Überfahrenen. Der hat, bevor er stirbt, noch Zeit, um ein paar Informationen preiszugeben, die selbst Dromard noch überraschen…

Elga Andersen, die schöne Dortmunderin mit einem an Elke Sommer erinnernden Sprachtalent, taucht hier leider erst in der zweiten Hälfte des Films auf und trägt in ihren wenigen Szenen nur wenig zum Geschehen bei. Die eigentliche Hauptdarstellerin hier ist die Italienerin Gaia Germani, die lustige Mäusezähnchen hatte und in den 1960ern mit Bava, Lenzi und Fulci drehte (aber leider keinen einzigen Giallo). Andersen war noch bis 1973 in französischen, italienischen und US-amerikanischen Filmen zu sehen, bevor sie sich im Alter von 38 Jahren ins Privatleben zurückzog (und leider bedrückend früh starb).
»L’Œil du monocle« entstand in Bonifacio, Korsika. Die Musik, zu der in einer Szene Twist getanzt wird, war dieselbe wie in dem Film »La belle Américaine« (Regie: Robert Dhéry), der 1961 herausgekommen war. Das skurrile Lachen eines der Mörder (gespielt von Jean Luisi) wurde von Lautner in »Ils sont fous ces sorciers« (1978, mit Jean Lefebvre) wiederverwendet. Die Fortsetzung von »Le monocle noir« erwies sich als qualitativ und kommerziell ebenbürtig, sodass 1964 noch ein dritter Teil folgen sollte, in welchem Barbara Steele die weibliche Hauptrolle gab und den ich noch einmal gesondert besprechen werde.

André Schneider

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