Filmtipp #288: Die Teuflischen

Die Teuflischen

Originaltitel: Les diaboliques; Regie: Henri-Georges Clouzot; Drehbuch: Henri-Georges Clouzot, Jérôme Geronimi, Frédéric Grendel, René Masson; Kamera: Armand Thirard; Musik: Georges van Parys; Darsteller: Simone Signoret, Véra Clouzot, Paul Meurisse, Charles Vanel, Michel Serrault. Frankreich 1954.

les diaboliques

Ein wahrhaft teuflischer kleiner Film, den Henri-Georges Clouzot am 29. Januar 1955 auf das Pariser Publikum losließ. Ausgangspunkt ist, wie in praktisch allen französischen Filmen, eine ungesunde Dreiecksbeziehung. Handlungsort ist eine Privatschule für Jungen. Michel Delasalle (Meurisse), Direktor der Lehranstalt, ist ein wahrer Kotzbrocken. Er malträtiert nicht nur seine herzkranke Gattin Christina (Clouzot), er verprügelt auch seine Geliebte, die Lehrerin Nicole Horner (Signoret). Als die beiden Frauen, die groteskerweise eng miteinander befreundet sind, das Monster nicht länger ertragen können, planen sie minutiös seine Ermordung. Sie locken Michel in einen Hinterhalt, betäuben ihn und ertränken ihn in einer Badewanne, um ihn anschließend im verdreckten Pool des Internats zu versenken, wo ihn dann der Hausmeister oder einer der Schüler finden soll. Doch kurz nach der Tat verschwindet Michels Leiche, es häufen sich merkwürdige Vorfälle, und spätestens in der letzten Viertelstunde dürften jedem, der noch einen gesunden Nerv im Körper hat, die Haare zu Berge stehen…

Die Kritiker jubelten, das Publikum strömte in die Lichtspielhäuser, und Clouzot erhielt neben dem renommierten Prix Louis Delluc auch noch den Preis der New Yorker Filmkritiker und einen Edgar Allan Poe Award. Obwohl er sich bei der Umsetzung der Romanvorlage von Boileau und Narcejac deutlich von dieser entfernt hatte, waren die Autoren voll des Lobes für Clouzot; in einem geradezu hymnischen offenen Brief priesen sie ihn als einen der größten Filmemacher der Welt. Noch heute zählt »Les diaboliques« zu den besten Thrillern aller Zeiten und bleibt als Meilenstein des französischen Spannungskinos unerreicht.
In »Reclams Filmführer« findet sich folgendes Urteil, dem nichts hinzuzufügen ist: »Die Story ist von raffinierter Konsequenz. Es gibt keine Abschweifungen; mit der Exaktheit eines Uhrwerks greifen die Szenen ineinander. […] Perfekt wie das Drehbuch ist auch die optische Gestaltung. Sie überzeugt durch eine Ökonomie, die keine Längen kennt, keine Leere, keinen überdrehten Gag erlaubt, die aber für jeden Schock eine kurze Atempause gönnt.«
In den 1990ern gab es ein flügellahmes Hollywood-Remake mit Sharon Stone, Isabelle Adjani und Kathy Bates, das man sich getrost sparen kann.

André Schneider

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