8. August 2018

Die Gluthitze, die uns momentan das Hirn zu Brei kocht, erinnert mich an die Madrid-Aufenthalte im Hochsommer. Ich kann nicht schlafen, mag nicht essen, bin unkonzentriert und gereizt. Die Wäsche klebt mir am Leib, die Dusche bringt nur minimale Abkühlung. Mit Freundinnen fahre ich zum Strandbad Rahnsdorf oder zum Tonsee nach Groß Köris; am Tonsee zerschneidet irgendein Vollidiot meine Fahrradreifen, so dass der Rückweg zur Strapaze wird. Die Wespen surren orientierungslos durch die Straßen und scheinen dieses Jahr besonders vielzählig zu sein. Manchmal glaubt man, die Bäume nach Wasser schreien zu hören. Milow, der Kater meiner Nachbarin, verschwindet gerne mal im Keller, während Chelito praktisch gar nicht mehr zum Aufstehen zu bewegen ist. Ich selbst liege nach der Arbeit oft regungslos auf meinem Bett und lasse mir von Franziska Pigulla vorlesen (Daphne du Maurier: »Wenn die Gondeln Trauer tragen«). Mein Fokus reicht gerade nicht, um selbst zu lesen. Habe mir Ende Juli den Bestseller »12 Rules for Life« von Jordan B. Peterson gekauft, aber ich habe bis jetzt nur etwa 30 Seiten geschafft. Die Frage, ob ich in den letzten Wochen schreiben konnte, erübrigt sich. An meinem Roman habe ich seit Februar 2017 nicht mehr gearbeitet. Konnte ein paar Filme schauen — »It Comes at Night« (Regie: Trey Edward Shults), »Night of the Eagle« (Regie: Sidney Hayers, mit Peter Wyngarde) und »Born Yesterday« (Regie: George Cukor) —, aber gefallen hat mir keiner davon. Neneh Cherry hat eine neue Single draußen, »Kong«. Die unsagbar talentierte Jenn Nkiru hat ein wunderschönes Musikvideo für den Song gemacht. Bilder zum Verlieben. Und sonst? Höre ich Art Mengo, Niels Frevert und zum Aufstehen manchmal Jeanne Mas.
Ihr seht, mein Leben wabert gerade ziellos vor sich hin. Die Stressschraube wird wieder etwas angezogen, wenn am 20. der Unterricht beginnt. Zweites Semester. Bis dahin plätschert’s so dahin. Da hilft nur Selbstdisziplin, um etwas Struktur zu wahren. Zwei Wochen noch, dann beginnt der Dreh zu Ians Film. Andreas Adam wird mit dabei sein und Edelgard Hansen, die ich in den 1990ern an der Seite Georgette Dees in Bullets Over Broadway gesehen habe.
Bei Facebook lese ich irgendwas über Jan Ullrich und Til Schweiger, das in mir die Sehnsucht nach einem Rest Restwürde weckt. Pietät. Distanz. Reduktion. Authentizität. Ich will Marina Abramović, Perry Blake, Kate Bush oder meinetwegen auch Sade. Zeigt mir »The Artist is Present« (Regie: Matthew Akers, Jeff Dupre) oder Filme von Maya Deren, einen Roman von Kevin Vennemann oder Shirley Jackson, einen Avedon-Bildband oder sonst etwas, das Würde hat. Ich hab das Prollige so satt, dieses Grobe, Vulgäre. Deswegen habe ich keinen TV-Anschluss mehr. Aber es springt mich trotzdem überall an. Aufdringlich, grenzüberschreitend, ungehobelt. — Etwas schäme ich mich, wenn ich an meine Blog-Beiträge vom vorigen Jahr denke. Irgendwo habe ich mal geschrieben, das Schreiben sei eine Notwendigkeit für mich, da es die Not wendet. 2017 war das auf jeden Fall wahr, und ich hätte mich niemals einem anderen Menschen so mitteilen können, wie ich es hier schreibend tat. Nur überschritt ich damit die Grenze, die ich mir selbst gesetzt hatte: Ich wurde privat. Wohl auch deshalb — das wurde mir erst jetzt klar — teile ich mich 2018 nur sporadisch mit. Mal schauen, wie ich es 2019 handhaben werde. Reduktion ist vermutlich das Schlüsselwort. Die Termine bei Frau A. — momentan sind’s zwei pro Woche — geben dem, was mich bewegt oder auch traurig macht, gerade jenen Raum, den bislang das Schreiben einnahm. Noch weiß ich nicht, ob das gut oder schlecht ist. Es ist einfach neu für mich. Wie so vieles im Augenblick. Es kommen Wünsche hoch, die ich lange verachtet, verdrängt, vergessen hatte. (Und wir stehen erst am Anfang!)

Drei meiner Filme hatten in den letzten zwölf Monaten Premiere. Unlängst habe ich Bd. Voltaire noch einmal gesehen. Er ist gut. Ich bedaure, dass er so unterging. Dass es mit der Filmerei in Frankreich weitergehen wird, steht außer Frage. Was geklärt werden will, ist das Wann. Auch werden die Abstände zwischen den einzelnen Filmen größer werden. Sie sollen und werden nicht mehr Lebensmittelpunkt sein. Mein dritter Hickling-Film kommt auf jeden Fall, und für das Projekt mit Stéphane und Leroi hätte ich gerne Benoît Masocco oder Benjamin Ribeaucourt als Regisseur. — Habe gerade noch drei Filmtipps vorbereitet, die bis zum Monatsende hier nachzulesen sind, und werde bis zum Herbst noch einen längeren Artikel über Marilyn Monroe verfassen, um den ich schon vor geraumer Zeit gebeten wurde. Und hiermit, meine lieben Leserinnen und Leser, beende einen hitzig-wirren Beitrag ohne Sinn, Ziel und mit nur wenig Verstand. Auf bald,

André