Filmtipp #481: Ein kalter Tag im Park

Ein kalter Tag im Park

Originaltitel: That Cold Day in the Park; Regie: Robert Altman; Drehbuch: Gillian Freeman; Kamera: László Kovács [Laszlo Kovacs]; Musik: Johnny Mandel; Darsteller: Sandy Dennis, Michael Burns, Susanne Benton, David Garfield [John Garfield Jr.], Luana Anders. Kanada/USA 1969.

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Sandy Dennis liefert eine ihrer überzeugendsten und dramatischsten Darstellungen in diesem unbekannten kleinen Film, der im Herbst 1968 in Vancouver entstand. Sie spielt die wohlhabende, aber vereinsamende Frances Austen, die eines regnerischen Tages von ihrem Fenster aus einen hübschen Jüngling (Burns) gegenüber im Park erblickt. Sie lädt den völlig durchnässten, schweigsamen Mann in ihre Wohnung ein, lässt ihm ein Bad ein und trocknet seine Sachen — und weigert sich, ihn wieder ziehen zu lassen. Ihre jahrelang unterdrückte Sexualität bricht sich auf bizarre Weise Bahn und treibt Frances zu beängstigenden Extremen…
Die Story ähnelt stark jener von The Collector — mit dem nicht unerheblichen Unterschied, dass hier eine labile Frau zur Täterin wird und der knackige Hippie ihr Gefangener. Die Drehbuchautorin verlegte für dieses feine psychologische Drama mit Horroreinschlag  pfiffigerweise den Handlungsort des Romans vom urbanen Paris ins regnerische, neuweltliche Kanada.

»That Cold Day in the Park« war eine von Altmans frühesten Arbeiten fürs Kino und ging seinerzeit sang- und klanglos unter. In Cannes lief er außer Konkurrenz, und an den Kinokassen hatte dieser kleine Film — Kostenpunkt: 500.000 Dollar — kein Fortune. In Deutschland hatte der Film erst 1976 Premiere: in der ARD. Bis heute ist »That Cold Day in the Park« ein unterschätztes Werk geblieben, überstrahlt von Altmans größeren, kommerzielleren Filmen, die er direkt im Anschluss in rascher Serie produzierte: »M.A.S.H.« (1970), »Brewster McCloud« (1970), »McCabe & Mrs. Miller« (1971), »The Long Goodbye« (1973), »Thieves Like Us« (1974) und so weiter. Keiner der genannten Filme hatte die Dichte und Vielschichtigkeit von »That Cold Day in the Park«. Viele Rezensenten taten (und tun) ihn als »unausgegoren« und »unbedeutend« ab oder verglichen ihn unfairerweise mit »Rosemary’s Baby« (Regie: Roman Polanski). Der große Kritiker Roger Ebert verriss den Film im Juli 1969 folgendermaßen: »The plot is too improbable to be taken seriously, and yet director Robert Altman apparently does take it seriously. And so we get a torturous essay on abnormal psychology when […] we could have had a simple, juicy horror film. […] In a straightforward horror movie, you can push pretty far before the audience starts laughing; they want to be scared. But ›That Cold Day in the Park‹ doesn’t declare itself as a horror film until too late, and the audience is already lost. In a famous […] essay […], Raymond Chandler observed some years ago that it didn’t matter how well written a thriller was; what mattered was whether it worked. If it didn’t, the writing wouldn’t help, and if it did the writing didn’t matter. Much the same is true of horror movies. […] More’s the pity. ›That Cold Day in the Park‹ is pretty well done. Sandy Dennis supplies a convincing portrait of the repressed, sex-obsessed spinster. […] Gillian Freeman’s script shows a good ear for dialog […]. And the photography by Laszlo Kovacs […] does more than the direction or the script to establish a mood of approaching horror and tragedy. Too bad someone besides the cameraman wasn’t thinking in those terms.«
Jack Nicholson bewarb sich euphorisch um die Rolle des Jungen, wurde von Altman jedoch als »zu alt« abgewiesen. Der 20jährige Michael Burns, ein ehemaliger Kinderstar, übernahm den Part, um sich sein Studium zu finanzieren. Er wurde später Professor für Geschichte am Mount Holyoke College in Massachusetts.

André Schneider

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