Filmtipp #171: Out of Rosenheim

Out of Rosenheim

Originaltitel: Bagdad Cafe; Regie: Percy Adlon; Drehbuch: Percy Adlon, Eleonore Adlon; Kamera: Bernd Heinl; Musik: Bob Telson; Darsteller: Marianne Sägebrecht, Jack Palance, CCH Pounder, Monica Calhoun, Christine Kaufmann. BRD 1987.

bagdad cafe

Ein zeitlos-perfekter Vorweihnachtsfilm ist Percy Adlons Welterfolg »Out of Rosenheim« mit Sicherheit: Die propere Rosenheimerin Jasmin Münchgstettner (Sägebrecht) — fesch im bajuwarischen Lodenkostüm — trennt sich während einer Urlaubsreise mitten in der Mojave-Wüste nach einem bösen Streit von ihrem Gatten und führt mit ihrem Köfferchen ihre Reise zu Fuß weiter. Es verschlägt sie nach Bagdad, einem kleinen Kaff, das aus einem lumpigen Motel mit angeschlossener Tankstelle und Bar besteht. Das Ganze wird von der äußerst übellaunischen Brenda (Pounder) geleitet, die ihrerseits gerade ihren Taugenichts von einem Mann vor die Tür gesetzt hat und dem schrulligen Neuankömmling zunächst mit ablehnender Skepsis begegnet. Und schon bald bringt der liebenswerte Wonneproppen reichlich Leben in das verschlafene Wüstennest. Zunächst einmal schnappt sich Frau Münchgstettner — ganz die ordentliche deutsche Hausfrau natürlich! — Eimer und Putzlappen und macht aus der ranzigen Rezeption ein freundliches Büro. Rasch gewinnen die Bewohner Bagdads die Zugereiste lieb, und auch Brenda taut langsam auf. Es entwickelt sich eine wunderbare Frauenfreundschaft, und in Gestalt des kauzigen Malers Rudi Cox (Palance) klopft auch die Liebe vorsichtig an. Bagdad mausert sich in kürzester Zeit zu einem wahrhaft magischen Ort…

Die mit kaum einer Million US-Dollar budgetierte Komödie avancierte zu einem instant classic und zu einem der Kultfilme der Achtziger. Neben einem weltweit euphorischen Presseecho ergoss sich ein regelrechter Preisregen über Adlon und seine Crew: Der von Jevetta Steele gesungene Titelsong »Calling You« wurde für einen Oscar vorgeschlagen, in Frankreich verlieh man ihm einen César als Bester Ausländischer Film, in Deutschland waren zwei Bundesfilmpreise, der renommierte Ernst-Lubitsch-Preis und der Bayerische Filmpreis der Lohn. Die Deutsche Filmbewertung verlieh »Out of Rosenheim« das Prädikat »Besonders wertvoll«, und das bayerische Urgestein Marianne Sägebrecht, die zuvor schon einige Filme mit Adlon gedreht hatte, wurde durch das kleine Meisterwerk zu einem international gefragten Star — in den Folgejahren sollte sie in Hollywood, Frankreich und Spanien drehen; einer ihrer ungewöhnlichsten Filme wurde 1992 Dust Devil mit Robert Burke. Zudem spielte der Film allein in Übersee respektable drei Millionen Dollar ein.
     1990 entstand nach Vorbild des Films eine Sitcom mit Whoopi Goldberg und Jean Stapleton (sowohl die Sägebrecht als auch CCH Pounder hatten ihre Mitwirkung an der Serie abgelehnt), die jedoch schon nach zwei Staffeln eingestellt wurde. 2005 schaffte es eine Musical-Adaption des Stoffes auf die Bühne.
     Kritik: »Der brillant photographierte Film zeichnet ein sensibles, authentisches und liebenswertes Seelengemälde von bayerischer und amerikanischer Landbevölkerung, ohne auch nur einen Moment lang der Gefahr zu unterliegen, in Richtung Kitsch abzugleiten.« (Sönke Krüger, »TV Spielfilm«)

André Schneider