Filmtipp #844: Die unteren Zehntausend

Die unteren Zehntausend

Originaltitel: Pocketful of Miracles; Regie: Frank Capra; Drehbuch: Hal Kanter, Harry Tugend; Kamera: Robert J. Bronner [Robert Bronner]; Musik: Walter Scharf; Darsteller: Glenn Ford, Bette Davis, Hope Lange, Arthur O’Connell, Peter Falk. USA 1961.

Pocketful of Miracles

»Lady for a Day« war 1933 ein Riesenerfolg für Frank Capra und seine Hauptdarstellerin May Robson gewesen, sodass die Messlatte recht hoch lag, als man im April 1961 bei der Paramount das Remake in Angriff nahm: »Pocketful of Miracles« ist ein sentimentales Märchen mit komödiantischem Einschlag, mit welchem Bette Davis nach fünf Jahren Pause ihre Rückkehr ins US-amerikanische Kino feierte. (Die unglamouröse Rolle der Apple Annie war zuvor von Katharine Hepburn, Jean Arthur, Shirley Booth und Helen Hayes abgelehnt worden.) Davis gibt eine verarmte Apfelverkäuferin, die ihr Obst am Broadway feilbietet und mit jedermann im Viertel gutbekannt ist. Einer ihrer Freunde ist der Gangster Dave (Ford), der glaubt, Annies Äpfel brächten Glück. Niemand weiß, dass die Alte eine Tochter namens Louise (Ann-Margret) hat, die in einem spanischen Internat großgezogen wurde. Louises Pläne, zusammen mit ihrem adligen Verlobten (Peter Mann) ihrer Mutter und New York einen Besuch abzustatten, lassen Annie schier verzweifeln, denn sie hatte ihrer Tochter in all den Jahren postalisch vorgegaukelt, eine reiche Dame aus der New Yorker High Society zu sein. Um Annie aus der Patsche zu helfen, verwandeln Dave und seine Freundin Queenie (Lange) die Bettlerin in eine Dame von Welt…

Mit beinahe zweieinhalb Stunden Lauflänge ist »Pocketful of Miracles« einen Tick zu lang geworden, was den Spaß nicht schmälert. Dass der Film auch heute noch funktioniert, liegt an dem fabelhaften Ensemble: Bette Davis spielt bewundernswert uneitel und mit viel Herz, Hope Lange ist als Showgirl in einer für sie ungewohnten Rolle zu sehen und einfach fabelhaft und Ann-Margret ist als verlorene Tochter einfach rührend. In Nebenrollen sind Thomas Mitchell, Edward Everett Horton, Mickey Shaughnessy, Ellen Corby und Doodles Weaver (Onkel von Sigourney!) mit dabei. Zwischen Davis und Co-Star Glenn Ford krachte es vom ersten Tag an. Da Ford als Co-Produzent fungierte und eigenes Kapital in dem Film versenkt hatte, traute sich der Regisseur kaum, dazwischenzufunken. Ford sicherte sich neben einer Gage von 350.000 Dollar — die Hauptdarstellerin Davis bekam lediglich 100.000 (!) — auch noch 37,5% der Gewinnausschüttung sowie ein Mitspracherecht bei der Besetzung, weshalb seine damalige Freundin Hope Lange die Rolle der Queenie bekam und nicht die ursprünglich vorgesehene Newcomerin Shirley Jones.
Die märchenhaft anmutende Aschenputtel-Geschichte mit einer schon recht betagten Cinderella kam zur Weihnachtszeit 1961 in die US-amerikanischen Kinos und schlug sich an der Kasse nicht schlecht, erzielte jedoch beileibe nicht die Zahlen, die es gebraucht hätte, um die horrenden Kosten wieder auszugleichen, die die Produktion verschlungen hatte. Immerhin gab es Oscarnominierungen für Peter Falk (Bester Nebendarsteller), Edith Head und Walter Plunkett (Kostüme) sowie für den Titelsong »Pocketful of Miracles«. Frank Capra, für den die Dreharbeiten eine regelrechte Tortur gewesen waren, zog sich nach diesem Film ins Privatleben zurück und erlag 1991 im Alter von 94 Jahren im Schlaf einem Herzinfarkt.

André Schneider

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