Filmtipp #788: Maigret kennt kein Erbarmen

Maigret kennt kein Erbarmen

Originaltitel: Maigret et l’affaire Saint-Fiacre; Regie: Jean Delannoy; Drehbuch: Jean Delannoy, Rodolphe-Maurice Arlaud, Michel Audiard; Kamera: Louis Page; Musik: Jean Prodromidès; Darsteller: Jean Gabin, Michel Auclair, Valentine Tessier, Jacques Morel, Michel Vitold. Frankreich/Italien 1959.

Maigret et l'affaire Saint-FiacreDiese zweite Simenon-Verfilmung mit Gabin fand erst 1964 ihren Weg in die bundesdeutschen Kinos. Ein gelungener Krimi ohne Schnörkel und Tamtam.

Diesmal verschlägt es Maigret an den Ort seiner Kindheit, in das Schloss der Familie Saint-Fiacre in der Auvergne, wo der Kommissar einst als Sohn des Verwalters aufwuchs. Die Gräfin Saint-Fiacre (Tessier), inzwischen verwitwet und offenbar verarmt, fürchtet um ihr Leben und hat ihn zu ihrem Schutze ins Schloss bestellt. Sie zeigt ihm einen Brief, in dem ihr mitgeteilt wird, dass sie die Aschermittwochsmesse nicht überleben wird. Leider kann auch Maigret das Schlimmste nicht verhindern, aber er setzt alles daran, den (oder die) Schuldigen zu überführen. Dies geschieht ein bisschen wie bei Agatha Christies Hercule Poirot, indem er die Verdächtigen zu einem gemeinsamen Abendessen lädt…

Die Romanvorlage von Georges Simenon erschien bereits 1932 und hatte das Schloss Paray-le-Frésil bei Moulins zum Vorbild, wo der Autor in den 1920ern als Privatsekretär für den Marquis Raymond d’Estutt de Tracy beschäftigt gewesen war.
Das »Hamburger Abendblatt« bezeichnete das Werk als »kriminalistisches Schachspiel, das den Zuschauer bis zur letzten Minute in Atem hält«. Die Dialoge sind von einer Brillanz, wie man sie eben nur im französischen Kino findet. Wie schon beim Vorgänger erzählt Delannoy seine Geschichte angenehm lakonisch, stringent und unaufgeregt. Auch dieser Film erinnert an die Krimikomödien von George Pollock, nur fehlt eben der humorige Touch. Die Figuren, besonders die alte Gräfin, sind sympathisch und so dreidimensional, dass man glaubt, sie tatsächlich zu kennen. Man verbringt gerne Zeit mit ihnen. Überhaupt hätte man sich noch mehr Simenon-Verfilmungen mit Jean Gabin gewünscht. Er verkörperte den Kommissar Maigret nur noch ein weiteres Mal, und zwar in dem deutlich schwächeren »Maigret voit rouge« (Regie: Gilles Grangier, mit Françoise Fabian), der leider bislang nicht auf DVD erschienen und nur schwer aufzutreiben ist.

André Schneider

3 thoughts on “Filmtipp #788: Maigret kennt kein Erbarmen

  1. Pingback: Filmtipp #791: Der Zug zur Hölle | Vivàsvan Pictures / André Schneider

  2. Pingback: Filmtipp #831: Tausend Milliarden Dollar | Vivàsvan Pictures / André Schneider

  3. Pingback: 2. Januar 2024 | Vivàsvan Pictures / André Schneider

Leave a comment

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.