Filmtipp #642: Apnée

Apnée

Originaltitel: Apnée; Regie: Jean-Christophe Meurisse; Drehbuch: Jean-Christophe Meurisse; Kamera: Javier Ruiz Gomez; Darsteller: Céline Fuher, Thomas Scimeca, Maxence Tual, Thomas De Pourquery, Olivier Saladin. Frankreich 2016.

Céline (Fuhrer), Thomas (Scimeca) und Maxence (Tual) leben eine Liebe zu dritt. Sie machen alles zusammen. Gleich zu Beginn des Films stürmen sie das Standesamt und wollen heiraten. Der sichtlich um Fassung bemühte Standesbeamte teilt ihnen freundlich mit, dass das »noch nicht« möglich sei. Enttäuscht ziehen die drei Bräute von dannen. Sie suchen das kleine Glück und wollen doch alles: ein Zuhause, eine Arbeit, die Ehe, ein Kind, eine Familie — und jeden Tag Austern essen. Sie brausen auf Quad Bikes durch Frankreich, laben sich an der Schönheit der Landschaft, entdecken unberührte Fleckchen und finden am Ende schließlich den Ort ihres Glücks.
Eigentlich erzählt uns »Apnée« keine Geschichte, sondern reiht eine absurd-surreale Szene an die nächste. Da schreitet elegant ein Strauß durch den menschenleeren Supermarkt und wird von dem Protagonisten-Trio mit Kartoffelchips gefüttert. Sie baden im Schaufenster eines Einrichtungsgeschäfts und helfen einem blutverschmierten Jesus (Robert Hatisi) vom Kreuz, um dann zu sehen, dass der Ärmste nicht übers Wasser laufen kann. Sie treffen zwei Polizisten (Matthias Jacquin, Georges Slowick), mit denen sie Schabernack treiben. Am Ende heiraten sie doch noch — in einem Schloss am Meer.

Meurisse hat einen federleichten und liebenswerten schrägen Film über die Facetten der Liebe und die Lebensgier gemacht. Es war nach dem halblangen Spielfilm »Il est de nôtres« (2013) sein erster Beitrag fürs Kino. Eigentlich macht er Theater. Mit seiner Kompanie Les Chiens de Navarre kreiert er seit 2005 lustig-tiefsinnige Theaterstücke und tourt mit ihnen durchs Land. Seine drei Hauptdarsteller gehör(t)en auch zur Truppe. (Nur Thomas Scimeca ist inzwischen aufgrund anderer Verpflichtungen gegangen.) Als der Film 2016 im Rahmen der Cannes Critics’ Week gezeigt wurde, waren die Kritiker schier aus dem Häuschen und voll der Euphorie. So war es dann auch kein Wunder, dass »Apnée«, als er im Oktober 2016 regulär in den Kinos startete, ein Bombenerfolg wurde. Ich war damals hin und weg und völlig perplex, dass diese nicht gerade massentaugliche Komödie in ausverkauften Multiplex-Häusern lief. Ich war damals für den Bd. Voltaire-Dreh in Paris und verbrachte die Abende oft mit Antony Hickling. Wir saßen wie berauscht in einem großen Kinosaal in Les Halles und ergötzten uns an den Bildern und Ideen; beim Rausgehen meinte ich zu Antony, dass mich der Film stellenweise an Little Gay Boy erinnert hatte. Als die DVD auf den Markt kam, griff ich sofort zu, denn »Apnée« hat absolut Suchtpotential. Ein Film mit Herz, Hirn und Humor. Ein Jammer, dass er nie in Deutschland zu sehen war.

André Schneider

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