Filmtipp #874: Nelly & Mr. Arnaud

Nelly & Mr. Arnaud

Originaltitel: Nelly & Monsieur Arnaud; Regie: Claude Sautet; Drehbuch: Claude Sautet, Jacques Fieschi, Yves Ulmann; Kamera: Jean-François Robin; Musik: Philippe Sarde; Darsteller: Emmanuelle Béart, Michel Serrault, Jean-Hugues Anglade, Michael Lonsdale, Charles Berling. Frankreich 1995.

Nelly et Monsieur Arnaud

»Man bringt Details aus dem eigenen Leben ein, ohne dies ausdrücklich zu wollen. Ich erkenne, dass ich viele der im Film beschriebenen Phasen durchlaufen habe. Ich habe Langeweile gekannt, ich habe Misogynie gekannt, ich habe Misanthropie gekannt. Ich habe Phasen durchlebt, in denen man sich schützt, als würde man in einer Festung leben. Ich kenne die Momente, in denen man sich über alles im Leben unsicher ist.« (Claude Sautet)

Sautets 14. und letzte Regiearbeit ist ein feinsinniges erotisches Drama, das er mit der ihm eigenen Sensibilität und Liebe zum Detail in Szene setzte und ganz auf seine Stars Béart und Serrault zuschnitt. Der Film wurde für elf Césars nominiert und gewann schließlich zwei (Beste Regie und Bester Hauptdarsteller). Die Wertschätzung der Kritiker kannte keine Grenzen: »Es ist eine Angelegenheit von großer […] Faszination, wenn zwei Menschen von dem Gedanken fasziniert sind, ein Paar zu werden, aber von der Angst […] zurückgehalten werden«, schwärmte Roger Ebert, und das »Lexikon des internationalen Films« lobte: »Ein mit sparsamen Mitteln inszenierter Film, der auf großartige Darsteller und ein psychologisch bis in die Nuancen stimmiges Drehbuch vertrauen kann. Bei aller Ernsthaftigkeit lebendig und mit stillem Humor gezeichnet.« Sautet war so glücklich über die weltweiten Lobeshymnen, dass er nach »Nelly & Monsieur Arnaud« kein Bedürfnis mehr verspürte, noch einen weiteren Film zu drehen. Er setzte sich 1995 zur Ruhe und verstarb im Juli 2000 an Krebs.

Die schöne Nelly (Béart) ist noch jung und leider schon ziemlich mit dem Leben durch. Mit ihrem lethargischen Mann Jérôme (Berling) ist es aus, die beiden sind verschuldet und ohne feste Arbeit. Jérôme verbringt seine Tage vorm Fernseher und ist kaum zu irgendwas zu bewegen, während Nelly jede sich bietende Chance nutzt, um eine Beschäftigung zu finden. Über eine Freundin (Claire Nadeau) lernt sie Pierre Arnaud (Serrault) kennen, einen pensionierten Geschäftsmann und Richter, der ihr, als er von ihren Problemen erfährt, anbietet, ihr Geld zu leihen. Zunächst zögert Nelly, doch dann willigt sie ein. Noch am selben Abend verlässt sie Jérôme. Arnaud engagiert Nelly als Sekretärin. Sie soll ihm dabei helfen, seine Memoiren zu schreiben. Sein Verleger (Anglade) wirft schon bald ein Auge auf die Schöne, deren Verhältnis zu ihrem Arbeitgeber mehr und mehr ins Private rutscht. Nelly ist bald nicht mehr nur Schreibkraft, sondern auch Arnauds Kritikerin. Arnaud wiederum beäugt eifersüchtig ihr Verhältnis zu seinem Verleger. Er will mehr über sie, die durch das Schreiben seiner Autobiographie alles über ihn weiß, erfahren…

Dass das Ganze früher oder später eskalieren wird, ist klar. Sautet und seine superbe Darstellerriege kochen auf kleiner Flamme und vergessen weder Charme noch Humor. Ein leichter Film mit Tiefgang, den man immer wieder genießen und dabei immer ein neues Detail entdecken kann.
Leider konnte ich kein Plakat in guter Auflösung finden, deshalb muss ein Standbild reichen.

André Schneider

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