20. März 2012

Als ich am Mittwoch in Brüssel eintraf, begrüßte mich die erste Frühlingssonne. Mein lieber Freund Mirko aus Antwerpen, den ich zuletzt im September 2009 getroffen und der mich nun nachträglich zum Geburtstag nach Belgien eingeladen hatte, holte mich vom Bahnhof ab. Untergebracht war ich im feudalen Royal Windsor Hotel. So edel, dass ich mich mal wieder underdressed fühlte. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, musste ich ein kurzes Video von meiner Suite drehen (sorry, this clip is in English so I can share it with everybody):

Julien Dorés Konzert im Ancienne Belgique war sagenhaft. Was für ein buntes Publikum — zwischen 16 und 60 dürfte jedes Alter vertreten gewesen sein, man sah kreischende Frauen um die 30 und harte Rockfans, Heteros und Homos, Anzüge und Punks, und alle hatten ihren Spaß. Julien Doré ist eine Rampensau, und was für eine! So eine Präsenz und Energie hatte noch nicht einmal der junge Robbie Williams. Ein Entertainer, der seinen Zuschauern den ganzen Abend pausenlos den Atem raubte. Die Geschmeidigkeit seiner Bewegungen! Die Art, wie er tanzt! Die wilde Kraft, die da von der Bühne sprang! Ich liebe es, wie er mit seiner Androgynität spielt, mit den Geschlechterrollen jongliert, zwischen Sinnlichkeit und Witz pendelt. Serge Gainsbourg ist ja leider tot, David Bowies wilden Jahre schon lange vorbei. Julien füllt die entstandenen Lücken angemessen würdevoll aus. Ganz abgesehen davon ist er ein echter Musiker, der sein Handwerk virtuos beherrscht. Den Refrain von »Laisse avril« schrien wir alle mit: »Si tu me perds si tu vois que la berge se dérobe / Prête l’oreille et tu me devineras / Si tu te lasses si tu sens que la rive s’éloigne / Ferme les yeux et d’un seul geste m’oublieras…«, und er ließ uns minutenlang »I want to go to Winnipeg with you« mit ihm im Chor singen. An dieses Konzert werde ich mit Sicherheit noch lange zurückdenken.
     Nach einem ausgiebigen Frühstück am nächsten Morgen machten wir noch einen langen Stadtbummel; ich kaufte mir eine CD von Zazie und Pralinen für die Familie. Im Schaufenster von dotspot sah ich ein zum Schreien komisches Bild, in das ich mich so sehr verliebte, dass Mirko es mir kaufte:

Je suis un lapin...

(Die Übersetzung lautet: »Ich bin ein Kaninchen, ich bin schwul, ich liebe Kronjuwelen und… jetzt verpiss dich!«)
     Um 14:30 Uhr fuhr ich via Köln zurück nach Hause, gern wär ich noch eine Nacht geblieben, aber ich musste am Wochenende nach Berlin, um unseren Film zu schneiden. Die Festivals warten.
     Zum Abschluss des Arbeitswochenendes gönnte ich mir dann einen DVD-Abend. Blöde Idee. Ehrlich, ich war erstaunt, wie schlecht »What a Man« (Regie: Matthias Schweighöfer) tatsächlich war. Eine Komödie, die einen noch nicht einmal schmunzeln ließ. Ärgerlich. Wenn die süße Sibel Kekilli nicht so zum Verlieben gewesen wäre, hätte ich den selbstverliebt-phantasielosen Schmarren nicht durchgehalten. Und immerhin: Elyas M’Barek, Milan Peschel und Antoine Monot waren auch mit von der Partie.
     Heute ist Dienstag, Brüssel liegt schon fast wieder eine Woche zurück, aber der Frühling ist geblieben. Genießt ihn! 

André