Filmtipp #51: Paris Blues

Paris Blues

Originaltitel: Paris Blues; Regie: Martin Ritt; Drehbuch: Jack Sher, Irene Kamp, Walter Bernstein, Lulla Rosenfeld; Kamera: Christian Matras; Musik: Duke Ellington; Darsteller: Paul Newman, Joanne Woodward, Sidney Poitier, Louis Armstrong, Diahann Carroll. USA 1961.

Paris Blues

»Paris Blues« wegen seiner Handlung anzusehen, lohnt kaum: Paul Newman und Sidney Poitier spielen zwei amerikanische Musiker, die aus unterschiedlichen Gründen nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Paris hängen geblieben sind. Ram Bowen (Newman) möchte in der Seine-Metropole Klassische Musik studieren, Eddie Cook (Poitier) fürchtet den Rassismus in seiner Heimat und fühlt sich unter den progressiveren Europäern wesentlich wohler. Ausgerechnet die zwei amerikanischen Touristinnen Lillian (Joanne Woodward) und Connie (die entzückende Diahann Carroll) sorgen dafür, dass die beiden Männer über eine Rückkehr in die USA nachdenken. Während Eddie sich dazu entschließt, dem Rassismus in den Staaten die Stirn zu bieten, ändert Ram im letzten Augenblick seinen Entschluss, obwohl er Lillian bereits die Ehe versprochen hatte.

Der von Marlon Brandos Produktionsfirma Pennebaker mitproduzierte Streifen war 1961 ein herber Misserfolg für das Gespann Newman-Woodward, das hier bereits zum vierten Mal zusammen vor der Kamera stand. Beide hatten schon 1958 in dem Südstaaten-Drama »The Long Hot Summer« unter Martin Ritts Regie gearbeitet. Hier sprang das Paar für Brando und Marilyn Monroe ein, die beide im Verlauf der langwierigen Vorproduktion das Interesse an dem Projekt verloren hatten. Der Höhepunkt von »Paris Blues« sind die vielen wunderbaren Jazznummern, die vom Orchester Duke Ellington eingespielt wurden, sowie der Auftritt Louis Armstrongs. Der Film entstand größtenteils vor Ort in den damals schwer angesagten Pariser Jazzclubs (beispielsweise im legendären Club 33 in Saint-Germain-des-Prés); die Franzosen waren seinerzeit in Sachen Jazz und Blues den Amerikanern um Längen voraus. Die pittoresken Paris-Bilder — Postkartenmotive in noir et blanc — verfehlen ihre Wirkung nicht, Esprit und Charme sind auch über 50 Jahre später noch unerreicht. Duke Ellingtons Musik stand 1961 auf der Anwärterliste für den Oscar, verlor die Statuette allerdings an das Musical »West Side Story« (Regie: Robert Wise & Jerome Robbins). Französische Akteure wie Marie Versini, Roger Blin, André Luguet und der junge Serge Reggiani sind in Nebenrollen zu bewundern. Leicht angestaubtes, nicht besonders anspruchsvolles, aber nichtsdestotrotz herrliches Zeitgeist-Kino mit unvergesslichen Schauspielern, deren Klasse man heutzutage vergebens sucht.

André Schneider