Filmtipp #5: Meisterschaft im Seitensprung

Meisterschaft im Seitensprung

Originaltitel: Please Don’t Eat the Daisies; Regie: Charles Walters; Drehbuch: Isobel Lennart; Kamera: Robert Bronner; Musik: David Rose; Darsteller: Doris Day, David Niven, Janis Paige, Spring Byington, Richard Haydn. USA 1960. IMDb.

Please Don't Eat the Daisies

Traurig, dass Doris Day und David Niven nur diesen einen Film gemeinsam machten, die beiden geben nämlich ein wunderbares Filmpaar ab. In komödiantischer Hinsicht ergänzen sich der britisch zurückhaltende Niven und die stets etwas chargierende Klamauk-Königin hervorragend. Im Vergleich zu den berühmten, etwas grobschlächtigeren Klamotten, die Day mit Rock Hudson, Rod Taylor oder James Garner drehte, ist der von Charles Walters, bekannt für seine Musicals »Lili« (1952) und »High Society« (1956), feinsinnig und brillant inszenierte »Please Don’t Eat the Daisies« leider relativ unbekannt geblieben.

Eingestimmt von einer launigen Titelmelodie (Komponist: David Rose), führt uns Walters in die New Yorker Wohnung der Familie Mackay. Vier freche Söhne, von denen der jüngste in einem Käfig gehalten wird, zeugen davon, dass in der Ehe von Larry (Niven) und Kate (Day) alles in bester Ordnung ist. Das ändert sich allerdings schlagartig, als Larry eines Tages zu einem gefürchteten Theaterkritiker aufsteigt und fortan über den Erfolg oder Untergang eines Stücks entscheidet. Seinen ersten Verriss schreibt er ausgerechnet über das Werk eines Freundes — mit katastrophalen Folgen. Bald schon ist aus dem Erfolg Verfolgung geworden, Larry mutiert mehr und mehr zu einer zynischen Giftspritze. Familie Mackay erfüllt sich den lang gehegten Wunsch von einem gemütlichen Haus auf dem Land — das monströse Anwesen ist allerdings mehr als reparaturbedürftig, Larry permanent abwesend und Kates Mutter (Spring Byington in ihrer letzten Kinorolle) alles andere als eine Hilfe. Schließlich wird Larry auch noch von der aufreizenden Hauptdarstellerin des in Grund und Boden geschriebenen Stücks aufgesucht (köstlich: Broadwaylegende Janis Paige als sexy Möchtegern-Star), die genüsslich für einige Verwirrungen sorgt, die den frivolen deutschen Titel inspiriert haben dürften. Und auch Larrys ruinierter Freund hat sich eine kleine Retourkutsche überlegt…

Das hervorragende Drehbuch von Isobel Lennart, dem ein Bestseller der Bühnenautorin Jean Kerr zugrunde lag, spart nicht mit herrlich boshaften Seitenhieben auf den Beruf des Kritikers und gibt dem wunderbaren Ensemble reichlich Entfaltungsmöglichkeiten. Doris Day singt drei ihrer besseren Lieder, und in Nebenrollen glänzen Patsy Kelly, Richard Heydn und Jack Weston. Eine Familienkomödie, die bemerkenswert gut gealtert und definitiv eine der besten Doris-Day-Komödien ist. Liebevoll ausgestattetes, schönstes Hollywood-Kino in Cinemascope und farbenfrohem Metrocolor.

André Schneider