Filmtipp #487: Satan’s Harvest

Satan’s Harvest

Originaltitel: Satan’s Harvest; Regie: George Montgomery [Douglas K. Stone]; Drehbuch: George Montgomery [Douglas K. Stone]; Kamera: Rod Stewart [Roderick Stewart]; Musik: Roy Martin; Darsteller: George Montgomery, Tippi Hedren, Matt Monro, Davy Kaye, Brian O’Shaughnessy. Südafrika 1969.

Publicityfoto von Tippi Hedren in "Satan’s Harvest", 1969.

Publicityfoto von Tippi Hedren in “Satan’s Harvest”, 1969.

1915 im gleichnamigen Vorort von Johannesburg gebaut, war das Killarney Film Studio das erste Filmstudio auf dem »schwarzen Kontinent«. Der gebürtige US-Amerikaner Isidore W. Schlesinger hatte es als Hauptsitz und Produktionsstätte der African Film Productions (AFP) etabliert, die schon ab Mai 1913 die wöchentlichen newsreels produziert hatte. Schon 1915 entstand in den Killarney Film Studios der erste Animationsfilm Afrikas: »Artist’s Dream« (Regie: Harold Shaw). Zwischen 1916 und 1922 produzierte die AFP nicht weniger als 43 Produktionen, später entstanden in Killarney hauptsächlich Dokumentar- und Werbefilme. Nach Isidore W. Schlesingers Ableben 1949 übernahm sein Sohn John — nicht zu verwechseln mit dem englischen Filmregisseur — die Geschäfte, die allerdings nur mäßig liefen und mittlerweile hauptsächlich aus vom Staat in Auftrag gegebenen Filmen bestanden. 1959 kaufte die 20th Century Fox die AFP mit dem Ziele auf, in den Killarney Film Studios billig produzieren zu können. Das finanzielle Debakel von »Cleopatra« (Regie: Joseph L. Mankiewicz) sorgte allerdings dafür, dass das Studio ab Mitte der sechziger Jahre seine Zahlungen nicht mehr leisten konnte und die AFP zurück an die Schlesinger-Familie ging. Robert D. Webb produzierte und inszenierte 1967 für die Fox zwei Streifen in Killarney: »The Jackals« (mit Vincent Price) und »The Cape Town Affair« (Drehbuch: Samuel Fuller, mit Jacqueline Bisset und James Brolin). 1968 entstand — ebenfalls für 20th Century Fox — das 160minütige Epos »Majuba« (Regie: David Millin). 1972 wurden die Gebäude der Killarney Film Studios abgerissen; der Erbe John Schlesinger baute dort die erste shopping mall Johannesburgs, die Killarney Mall.

Ab April 1969 entstand in den Killarney Studios ein Streifen, der gleichwohl von der 20th Century Fox in den Verleih gebracht wurde, später sein trauriges Dasein als TV-Programmfüller fristete und heute längst public domain ist. Hyman Kirstein, der bei der Fox als Produzent unter Vertrag war, übernahm die Leitung für ein lahmes George Montgomery-Vehikel, das eigentlich gar nicht in diese Rubrik passt, denn obwohl der Film grottenschlecht ist, macht er mitnichten Spaß. Einzig die Mitwirkung Tippi Hedrens veranlasst mich, den Film überhaupt vorzustellen. In ihrem ersten Buch, »The Cats of Shambala«, würdigt Hedren das Machwerk nur mit einem Nebensatz: »[…] ›Satan’s Harvest‹, a rather forgettable film in which I starred […]«, während sie in ihrem neuen, es mit Fakten nicht ganz so genau nehmenden Buch etwas ausführlicher darauf eingeht: »I hadn’t been home long from my second trip to Vietnam when I was offered the lead in a film called ›Satan’s Harvest‹. I was excited. Starring opposite George Montgomery was a lovely prospect, of course, and the script was fairly interesting, but mostly I was looking forward to shooting in South Africa, where I’d never been before.«
George Montgomery, Jahrgang 1916, war ein B-Western-Star gewesen, der betont lässig posieren, aber nicht besonders gut spielen konnte. Er zeichnete stets das auf Dauer schrecklich öde Bild des ewig starken Mannes, unterfütterte es mit einer versteinerten Miene und vermeintlich flotten Sprüchen. Privat soll er ein sympathischer Kerl gewesen sein, gebildet, kreativ und feinsinnig. Er lebte skandalfrei mit Frau und Kindern in Rancho Mirage, Kalifornien. Nebenberuflich hatte er sich als Innenausstatter in Hollywood etabliert, restaurierte alte Möbel und boxte in seiner Freizeit. Zwischen 1961 und 1970 schrieb und inszenierte er sechs Filme, die allesamt in exotischer Umgebung entstanden: »Samar« (1962), »Guerillas in Pink Lace« (1964) und »Hell of Borneo« (1967) wurden auf den Philippinen gedreht, »Ride the Tiger« (1970) in Mexiko. Für »Satan’s Harvest« entstanden Aufnahmen in Zimbabwe, Durban und Johannesburg sowie in Mosambik. Vor 45, 46 Jahren war das für das US-amerikanische Publikum natürlich noch irre aufregend und »wild«, heute locken diese Schauwerte niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Zumal Montgomery sie nicht besonders gut einfing; es sind fast ausschließlich vewackelte, unsaubere Aufnahmen aus einem Hubschrauber heraus. Rennende Gazellen sind zu sehen und in weiter Distanz ein paar andere Wildtiere, die man kaum erkennen kann.

Aber gehen wir wenigstens kurz auf die Handlung ein: Montgomery posiert hier als Privatdetektiv aus den USA, der in Südafrika sein Erbe antreten will. Ein Onkel hat ihm eine Farm vermacht. Als er am Jan Smuts International Airport (dem heutigen O. R. Tambo International Airport) in Johannesburg eintrifft, wird ihm bereits nach dem Leben getrachtet: zuerst wird auf der Gangway versehentlich die Person hinter ihm erschossen, gleich danach fliegt sein Wagen mitsamt Chauffeur in die Luft. Montgomery, der hier Cutter Murdock heißt, verzieht keine Miene. Ich meine, das muss einem doch komisch vorkommen! Aber gut, es ist vielleicht unmännlich, überrascht oder gar schockiert zu sein, und so reist Murdock weiter, um die geerbte Farm in Augenschein zu nehmen. Dort angekommen, wird wieder auf ihn geschossen, diesmal von Marla Oaks (Hedren), die ihn aber nicht töten, sondern nur ihrer Wut Ausdruck verleihen möchte, weil er mit seinem Flugzeug ihre Tiere erschreckt hat. Auf ihre Frage, wer er sei, reicht er ihr nonchalant seine Karte, woraufhin sie sagt: »Oh, hell!« Seine Antwort: »No. Cutter.« Was ein Wortspiel, oder? Keine Ahnung, ob das damals noch witzig war oder schon peinlich. So oder so veranschaulicht dieser kurze Dialog, auf welchem Niveau wir uns bewegen. Oh, übrigens: Der Film dauert an dieser Stelle nicht einmal eine Viertelstunde. Den weiteren Verlauf raffe ich mal: Murdock muss zu seinem Entsetzen feststellen, dass der südafrikanische Zweig seiner Familie, welcher komplett aus des Erbonkels Testament gestrichen wurde, die Farm für sich behalten will, denn — und jetzt kommt’s! — die Farm ist eine Heroin- und Marjuana-Goldgrube. Ja! Die Familie baut Gras an, erntet, verkauft und schmuggelt das Zeug, und natürlich will sie sich das Geschäft nicht kaputtmachen lassen…
Überall liest man, der Film ginge 104 Minuten. Ich kenne nur eine 84minütige Fassung, aber glaubt mir: das reicht! Auch nach mehrmaligem Ansehen erschließen sich mir die Gründe für die Anwesenheit von Tippi Hedren und dem Sänger Matt Monro (»From Russia With Love«, »Born Free«, »On Days Like These«), der hier seinen ersten und einzigen Auftritt als Schauspieler hatte, nicht. Es kann natürlich sein, dass der Film kreuz und quer ge- oder verschnitten wurde, um ins Programm zu passen, das würde immerhin erklären, wieso Montgomery und Hedren am Ende in den Sonnenuntergang reiten, obwohl Murdock eine Sekunde vorher das Land via Flugzeug verlassen hat.
Ein Kuriosum: der erbärmlich schlechte Titelvorspann. Ein komischer Höhepunkt: Tippi Hedren, die George Montgomery für eine flegelhafte Äußerung ohrfeigt (süß!).
Hedren gefiel die Arbeit in Südafrika so sehr, dass sie im Folgejahr einen weiteren Film dort machte, der um Längen besser ausfiel: Mister Kingstreet’s War.

André Schneider