Filmtipp #172: Der letzte Fußgänger

Der letzte Fußgänger 

Originaltitel: Der letzte Fußgänger; Regie: Wilhelm Thiele; Drehbuch: Wilhelm Thiele, Eckart Hachfeld; Kamera: Kurt Grigoleit; Musik: Franz Grothe; Darsteller: Heinz Erhardt, Christine Kaufmann, Michael Lenz, Käthe Haack, Ernst Waldow. BRD 1960.

der letzte fußgänger

»Ein beinahe vollkommenes Spiegelbild der verniedlichten Triebe und erlaubten Sehnsüchte«, schrieb die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« zum Kinostart dieser putzigen Erhardt-Komödie, die in den Göttinger Filmstudios sowie in der Innenstadt von Kassel gedreht wurde und am 15. September 1960 in die westdeutschen Lichtspielhäuser kam. Damals waren Urlaubsreisen ins Ausland für die meisten Deutschen ein geradezu unerreichbarer Luxus, und so ließ man sich von Heinz Erhardts filmisch in den Schwarzwald entführen — da könnte man doch auch »in echt mal hin«.
     Viel lässt sich über diesen unschuldig-belanglosen, altbacken-charmanten Streifen gar nicht sagen, nur soviel zur Handlung: Erhardt mimt den Zeitungsarchivar Gottlieb Sänger, der mit »modernen« Fortbewegungsmitteln wie Straßenbahnen oder Autos nichts anfangen kann und lieber per pedes unterwegs ist. (Selbst Fahrstühle verabscheut er.) Er führt ein denkbar bescheidenes, ereignisloses Leben, dessen einziger Höhepunkt im jährlichen Sommerurlaub besteht, den er dieses Jahr wandernd im schönen Schwarzwald verbringen möchte. Bei Reiseantritt bittet ihn eine ältere Dame (Käthe Haack), auf ihre Enkelin Kiki (Christine Kaufmann) aufzupassen, das Kind soll ins Internat nach Genf fahren. Das freche Mädchen, das seine Mitreisenden (unter anderem Peter Wegen und Michael Lenz als fesche Studenten) mit seinen Flunkergeschichten verwirrt, heftet sich jedoch an Gottliebs Fersen und verlässt mit ihm in Baden-Baden den Zug. Gemeinsam unternehmen sie eine Wanderung durch den Schwarzwald, die er fotografisch für seine Zeitschrift dokumentiert. Die unter dem Titel »Der letzte Fußgänger« veröffentlichte Fotoserie bringt ihn und Kiki allerdings noch in Schwierigkeiten…
     Es wäre keine Komödie, wenn am Ende nicht alles gut werden würde, und es wär auch kein Heimatfilm, wenn man nicht ein paar tolle Eindrücke von der Heimat anno dazumal zu sehen bekäme. Immerhin bleibt uns Bayern (oder der Bodensee oder die Alpen oder das Allgäu…) diesmal erspart. Heinz Erhardt und Christine Kaufmann standen hier bereits ein zweites Mal zusammen vor der Kamera und geben ein wunderbar harmonisch-disharmonisches Wandergespann ab. Die unverwüstliche Trude Herr ist als feiste Rheinländerin ein Höhepunkt des Films, der in den 1980ern noch einmal mit beachtlichem Erfolg eine zweite Renaissance im Kino erleben durfte und als schmerzfrei-leichter Vorweihnachtsfilm nach wie vor bestens geeignet ist.

André Schneider

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